Seite - 492 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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glatten, schütteren Borstengrase, hier „Wolf" genannt, in dem der krause Zwergwachholder
und das zierliche Heidekraut ihr Standlager aufgeschlagen haben. Anch manches alpine
Pflänzchen guckt schüchtern zwischen moosnmwucherten Gesteinsbrocken hervor.
Lenken wir nun mitten hinein in die Pracht der Berge und Wälder. Das mnntere
Vielaflüßchen soll unser Führer sein! Breitgewölbte Bergscheitel begleiten den Thalboden,
wenn wir von Freiwaldau aus auf gut gepflegter Straße Buchelsdorf, Adelsdorf und
Thomasdorf pafsiren. Oberhalb des letztgenannten Ortes erklimmt ein Seitenzweig des
Fahrweges nach rechts die Einsattlung am Rothen Berge (1011 Meter). Es ist der einzige
bequeme Übergang über das Hochgesenke. Von der Kammhöhe leiten schmale, markirte
Bergpfade nach den besten Aussichtspunkten der Umgebung. Dazu gehört in westlicher
Richtung die Bründlhaide mit dem hochgelegenen Wallfahrtkirchlein, der Gipfel des
Rothen Berges (1333 Meter), der Kepernik und endlich der Wächter des Bielathales, der
Hochschar, mit dem schmucken Georgshanse auf baumloser Kuppe. Ober Thomasdorf zeigt
sich Waldenburg in tannengrüner Bergesöde. Zahlreiche Brettsägen und hoch aufgeschichtete
Baumklötze verrathen den Holzreichthnm dieser abgeschiedenen Natur, in der das Rauschen
des Wassers und der energische, schrille Ton der Sägen gar seltsam anmnthen.
Hineingeschmiegt in dunkle Forste, ersteigt die Straße die Höhe des „Gabelkreuzes"
(926 Meter) Wir befinde» uns bereits im Herrschergebiete des Altvaters. In großartiger
Wildniß, gegen die Wände des Hungerberges hin, erreicht man von hier den „Hohen
Fal l" , dessen schäumendes Wasser zur Biela niederstürzt. Einst der schönste Wasserfall des
Gesenkes, wurde derselbe durch die Wolkenbrüche des Jahres 1880 zerstört, so daß heute
nur einzelne Cascaden über chaotisch verworfene Felsentrümmer in die Tiefe schießen.
Jenseits der „Gabelhöhe" nimmt uns ein düsteres, menschenleeres Waldthal auf,
au dessen Ausgang, in lichtes Baumgrün gebettet, Dorf Buchbergthal als freundliche
Oase sichtbar wird. Etwas unterhalb, am Vereiuiguugspuukt der Weißen uud der
Schwarzen Oppa, erblicken wir das alte Städtchen Würbenthal , dessen einstiger Bergbau
auf Edelmetalle einer schwunghaften Leinen- und Baumwollindustrie gewichen ist. Nächst
Ludwigsthal, bekannt durch seine Eisenhütten, winkt ans harzduftenden Nadelwäldern das
malerische Kar lsbrnnn sein „Willkommen" entgegen. Der reizende Enrort mit den
gefälligen Bauwerken und schönen Promenaden liegt auf moorigem Waldboden, dem
heilkräftige Säuerlinge entquellen. Mächtige Bergrücken umfänmen die liebliche Thalmulde,
in welche, alle Rivalen überragend, die Riesenkuppe des Altvaters hinabschaut.
Da eiu Besuch Karlsbrunns, ohne dem volkstümlichen Altvater den gebührenden
Tribut der Bewunderung gezollt zu haben, wohl nicht denkbar ist, so rüsten wir zur Berg-
fahrt auf die gigantische Kuppe. Tiefer Waldesfrieden umfängt uns, wenn wir durch das
enge Weiß-Oppathal am schroffen AbHange der Mooslehne langsam emporklimmen.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch