Seite - 553 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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Rainzaun zwischen zwei Feldern oder Gärten mit den Worten: „Rainzaun, ich schüttle
dich, feines Lieb, ich wittre dich!" Zeigt sich dabei irgend etwas Ausfallendes, so wird es
je nach Umständen günstig oder ungünstig gedeutet.
Über Allem aber, dem lichtdurchstrahlten grünen Christbaum uud den herzersreueudeu
Weihnachtsgaben prangt in einer Stubenecke im hellsten Lichterglanze die Krippe, eine
Darstellung der heiligen Familie im Stall zu Bethlehem. In früheren Jahren wurde
auch iu der Kirche zu Jauernig, gewöhnlich bei einem Seitenaltar, eine Krippe errichtet.
In Frei-Hermersdorf wurden während der Christmette nach dem Evangelium der heiligen
Messe auf dem Chore Hirtenlieder mit vertheilten Stimmen gesungen. Zuerst schlug die
Uhr die zwölfte Stunde, der Nachtwächter blies das Horn, ein Engel sang das Klvi-ia,
woraus die Hirten, vier bis sieben an der Zahl, ihre Weihnachtsgesänge begannen.
In der beim Troppauer Park gelegenen Dreifaltigkeitskirche wurde, um auch die Freude
der Natur an der frohen Begebenheit anzudeuten, hierbei das Zwitschern der Vögel mit
einem eigens constrnirten Werkzeuge nachgeahmt.
Am heiligen Abend und nach dem Weihnachtsfest bis zum heiligen Dreikönigstag
kommt in einzelne Häuser das Christkindlein. Maria mit dem Jesuskind und dem heiligen
Josef, ein oder mehrere Engel, zwei oder drei Hirten, der Teufel oder der Knecht Ruprecht
in Ketten erscheinen, beschenken die braven Kinder mit Obst und anderen Gaben und führen
eines der bekannten Christkindelspiele auf.
Am drit ten Sonntag vor Ostern wird in einigen Ortschaften Westschlesiens
eine Strohpuppe, befestigt an einer Stange, als „Tod" von jungen Leuten im feierlichen
Zuge unter Gesang durchs Dorf getragen. An der Grenze desselben wird sie ins Wasser
versenkt und an ihrer statt hierauf ein geschmückter Tannenbaum von den Mädchen froh-
lockend ins Dorf zurückgetragen. Es ist ein Überbleibsel des Frühlingsfestes der Alten, der
Feier des Sieges, den die Natur über den Winter erringt. Während dieser Brauch nur noch
da und dort geübt wird, feiert man an diesem Tage oder vierzehn Tage vor dem Palm-
sonntag ziemlich allgemein das Maienfest. Kleine Mädchen, in den Händen geschmückte
Wipfel junger Fichten und Tannen, welche die wiederkehrende grüne Zeit bezeichnen,
ziehen von Haus zu Haus und singen Frühlingslieder mit Wünschen für die Familie, in
der Hoffnung, eine Gabe zu erhalten:
„Klane Feschla, klane Feschla
Schwemma ai dam Taichla;
Rute Risla, rüte Risla
Waxa of dam Straichla.
Waiße Lilja, waiße Lilja,
Waxa os dam Schtäng'l, D'r Herr is schin, d'r Herr is schiu,
D' Frau is wia Äng'l;
Das Tächtala is hibsch ou fain,
Se tret a saidues Tichelaiu;
Das Tichla lettse fligha,
'N Raicha wattse kngha."
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch