Seite - 554 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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Knaben machen um diese Zeit ans jungen Weidenzweigeu Bastpfeifen, mit denen sie
den Frühling einblasen. Während sie die saftige Rinde der Zweige, damit sie locker
werde, mit dem Messerrücken beklopfen, singen sie:
„Fipla Faifla, gutt g'röta,
Ai dam Schwippla höd's 'n Knöta;
Wann d' m'r ni g'rottst,
Schmaiß ich dich aia Graba,
Do frassa dich d' Raba."
Der langersehnte Frühlingsbote, die trauliche Schwalbe, die im Herbst zieht,
jedes Frühjahr aber ihr nordisches Heim wieder aufsucht, wird beim Wiederkomme»
fröhlich angesungen, wobei das Zwitschern derselben also gedeutet wird:
„Als ich fortzog, fortzog, war Schoppen und Schenne voll,
Als ich wiederkam, wiederkam, war alles ver—zehrt."
Auch die Maikäfer werden mit lautem Ruf empfangen. Man fängt sie ein nnd läßt
sie, wie es einst anch die griechische und römische Jugend gethan, an einem Faden fliegen.
Auch setzen die Kinder einen solchen Käser auf die Hand und singen:
„Maikäfer, flieg!
Der Vater ist im Krieg,
Die Mutter ist im Pommerland,
Pommerland ist abgebrannt."
Ebenso setzen sie den Sommerkäfer oder Marienkäfer auf die Hand und rufen ihm
zu, daß er gutes Wetter bringe:
„Sommerkäferchen, flieg ans!
Flieg in dein schönes Haus,
Laß die liebe Sonne 'raus!"
Auch der Kukuk ist allen eine bedeutungsvolle Frühlingsstimme:
„Lieber Kukuk, sag' mir wahr,
Wie viele Jahre ich leben soll!"
So fragen zur Erforschung der Lebensdauer Jnnge und Alte, wenn sie die ersten
Frühlingsrufe des prophetischen Vogels hören. Und „Wie viele Jahre bleib' ich noch
ledig?" fragt sehnsüchtig das heranwachsende Mädchen und zählt ebenfalls die Rufe.
Unzählige Bräuche knüpfen sich an die segensvolle Osterzeit. Die ganze Natur ist
verjüngt, das Wasser erhält heilsame Kraft. Wer am Gründonnerstag oder Charfreitag
mit Flußwasser sich wäscht, bleibt vou Sommersprossen und Hautkrankheiten frei. Der
Name „Gründonnerstag" entstammt der altdeutschen Sitte, an diesem Tage einen Brei
aus neunerlei frischen Kräutern, Brnniienknsse, Holuudersprossen, Nesseln ?c., zu genießen.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch