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I-Reihe übertritt. Die Consonantenumgebung fördert oder hemmt mm diesen spontanen
Lautwandel in verschiedener Weise, namentlich hat nachfolgendes r die Eigenschaft, seinen
Nachbarlant zu den beiden äußersten Grenzen der Vocallinie, zu i und u, zu drängen.
Altes i hat sich vor einfacher Consonanz zu ei entwickelt, vor doppelter ist es zu offenem e
geworden. Dieser schon dem Altschlesischen eigenthümliche Vocal wird aber im Oppalande
bei nachfolgendem n mit Verschlnßlant wieder zu i erhöht, also neben Kend: Kind, neben
Wend — Wind. Auch ursprüngliche ü, iu, üe sind diesem Wandel nnterworsen: ensr aus
ttnser, ech — euch, Becher — Bücher, wenn auch im Gebirge das hellere i vorherrscht.
Während sich tonlanges 6 unter dem Einflüsse des Niederdeutschen zu I erhöht: sir — sehr,
wink — wenig, oder vor I und n zu einem Diphthong m entwickelt hat, sinken, wo nicht I,
namentlich palatales, den Laut festhält, fast alle aus altarischem a abgespaltenen e zu a
herab: Fädr — Feder, aber : Wett. Kurzes a hat sich vor Gutturalen und vor n mit
nachfolgendem Dental- oder Gutturalverschluß erhalten: Acker, Hant. Sonst durchläuft
es wie das tonlange u die 11-Reihe über c> sogar zu ou und u, wobei nachfolgendes r
wieder die weiteste Verschiebung bewirkt: Jür — Jahr. Die größte Energie beweist kurzes
o, welches sich vor ek, ck und pp bewahrt hat; nnr nach erfolgter Dehuuug ist es dem-
selbeu Processe wie das ursprüngliche lange c> verfallen und wird entweder zu ou oder 5m:
koup: käup, brout: bräut, oder vor I uud r sogar zu ü: urn — Ohr, hnlle — holen. Für
den Verlust der ursprünglichen l-Laute schafft der Sprachproceß mannigfachen Ersatz; so
geht der Umlaut ü in einfaches i über, aber auch u wird, wo es nicht zu c> zurücksinkt,
auf verschiedene Weise mit einem I-Klange versetzt; vor r tönt dann gewöhnlich ein
dnmpses i, vor der im Gebirge mouillirteu Verbindung nct hört man einen Diphthong
ui: gesnint, der vor t völlig ausgebildet ist: Puitter — Butter, und bei welchem der
zweite Laut in einzelnen Dörfern so charakteristisch auftritt, daß sich der erste fast gauz
verflüchtigt: Pitter. Die dörfischen Dialeete unterscheiden meist zwischen ursprünglichem ei
und dem unter baierischem Einflüsse ans mittelhochdeutsch l hervorgegangenen. Dieses wird
im Hochtone zu ei diphthougirt, während es im Tieftone über die Kürze zu reducirtem e
fortschreitet, wofür im Auslaute sogar jenes mit der Jufinitivendnng gleichtönende a tritt:
Techla — Tüchlein. Das alte ei hingegen lautet üi und wird bei acuter Accentnation zu
A monophthongirt, wobei der nachfolgende Eonsonant durch Mouilliruug die Function des
i übernimmt: Stäin, Stän. In Westschlesien schiebt sich dieses ai, wo nicht nachfolgende
Dentalis hinderlich ist, in das zwischen beiden Eomponenten liegende ä zusammen und hat
so um sich gegriffen, daß es, namentlich in den Städten, auch Stellvertreter für den jüngeren
Diphthong geworden ist: Stän, Zät; Kläit — Kleid. Für mittelhochdeutsches vu tritt
au mit der Neigung zur Monophthongirnng in a und uo ein: Baum, Bam, Bnom.
Charakteristisch sind die prägnanten Kürzen i, u als Stellvertreter für die unechten
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch