Seite - 583 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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slavisches Volksleben.
Wer ohne lange mühevolle Reisen das slavische Volk Schlesiens in allen seinen
bunten Trachten an einem Tage kennen lernen will, dem sei der Besuch der reizend gelegenen
Stadt Friedeck an einem Marientage empfohlen. An diesem Tage trifft man in Friedeck
ganze Schaaren von Lachen, Walachen und Goralen; denn Tausende von ihnen strömen
aus Nah und Fern in Processionen her, um vor dem wunderthätigen Bilde der heiligen
Jnngfran Maria ihre Andacht zu verrichten. Vor mehr als 200 Jahren wurde nämlich
in Friedeck beim Lehmgraben von den Arbeitern die fertige Statne der heiligen Jnngfran
gefunden und in die Pfarrkirche gebracht, über Nacht aber verschwand die Statue aus
der Kirche und ist wieder an der Stelle gefunden worden, wo sie ursprünglich von den
Arbeitern entdeckt wurde. Auch aus der Schloßkapelle entwich sie nach der Volkssage anf
den ursprünglichen Fundort, woselbst daher zuerst eine Holzkapelle, später aber die
gegenwärtige große Marienkirche erbaut wurde.
Unter de» mannigfaltigen Trachten wendet sich unsere Aufmerksamkeit zuerst der
malerischen und orginellen Tracht der Walach inen aus der Umgebung vou Teschen zu.
Die verheirateten Walachinen tragen ein gestricktes Häubchen, das anch den oberen
Theil der Stirne bedeckt und knapp auf dem Haare auliegt. Das walachifche Mädcheu
trägt dagegen den Zopf, der in hübschen starken Flechten über die Schultern herabfällt,
am Ende mit einer langen bunten Masche zusammengeknüpft. Sowohl die Mädchen als
auch die Frauen tragen kurze Röcke und lange Strümpfe. Der dunkelbraune Oberrock ist
uuten mit einem dunkelblaue», drei Finger breiten Bande gesäumt nnd vorn knapp unter
dem Busen mit einem zierlich ausgeschnittenen gürtelähnlichen Mieder (Sivotek) zusammen-
geknüpft. Auf das Mieder wird alle Sorgfalt verwendet, mitunter ist es mit Gold oder
Silber gestickt. Am Mieder sind zwei dunkle Achselbänder befestigt, die ebenfalls reich
gestickt oder trefsirt sind, und diese bedecken zum Theil das weiße Oberhemdchen (kukotek),
welches in zahlreichen Falten den üppigen Busen mit blendendem Weiß verhüllt. Das
Hemdchen hat breite, nach oben zu einem gewaltigen Bausche aufgezogene Ärmel, welche
nur bis zum Ellbogen gehen und den übrigen Theil des Armes unbedeckt lassen. Die
Schürzen sind laug wie der Rock uud in der Regel von Heller oder sehr lebhafter Farbe
und lichten Mustern, die Strümpfe weiß oder roth, die flinken kleinen Füße in leichte
schwarze Schuhe gekleidet.
Sieht die Walachiu mit den vielen gestärkten Röcken ein wenig breit aus, so ist die
Erscheinung der Lachin etwas schmächtiger, denn ihr Rock reicht bis an die Schuhe. Sticht
das blendende Weiß des Oberhemdchens der Walachin von dem goldbetreßten Mieder
und dem dunklen Rocke vortheilhaft ab, so läßt das Schuürleibcheu über dem Gewand
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch