Seite - 663 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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Von besonderer Bedeutung ist in den kleinen Wirthschaften Ostschlesiens die Schweine-
zucht. Seit einigen Jahren wird insbesondere in den cultnrell weiter fortgeschrittenen
Gegenden das gewöhnliche Landschwein durch Kreuzung mit dem englischen Jorkshire-
Eber veredelt und wurden hierbei recht gute Resultate erzielt. Die meisten Grundbesitzer
halten zwei bis fünf Stück Mutterschweine, von denen jedes bei zweimaliger Ferkelnng
jährlich fünfzehn bis zwanzig Stück Ferkel liefert, welche vorwiegend in das benachbarte
Mähren verkauft werden. Die Preise betragen durchschnittlich zehn bis zwölf Gulden pro
Paar. Um mit der Sommerweide für das Schwein hauszuhalten, pflegt der schlesische
Bauer dasselbe mittelst einer langen Kette an einen Pflock anzubinden, dessen Standort
täglich gewechselt wird.
Im Allgemeinen ist die materielle Lage des ostschlesischen kleinen Grundwirthes
keine besonders günstige. Regenreiche Jahre und häufige Elementarschäden, insbesondere
Hagel und Überschwemmungen, bringen ihn meist wieder um die mühselig errungenen
Erfolge einzelner guter Ernten, so daß kein rechter Wohlstand aufkommen kann. Der
schwere Kampf um die Existenz gestattet ihm weder Mittel zu erübrigen, um seinen Grund
und Boden zu melioriren, noch einen Sparpfennig für dieZeiten der Noth zurückzulegen. Die
drückende materielle Lage ist auch der Hemmschuh fortschrittlicher Entwicklung, und nur in der
mittleren fruchtbaren Zone des Landes und in der Nähe der Städte äußert sich im Bauern-
stande ein größeres Bildungsstreben. Die Landwirthe aus diesem Kreise schicken ihre Söhne
an die Landes-Ackerbauschule zu Kotzobeudz bei Tescheu und bekunden damit ihr Verständniß
für den Werth der Fachbildung als Grundlage rationeller Praxis. Die 300 jungen
Landwirthe, welche die Ackerbauschule seit ihrer Gründung im Jahre 1872 absolvirt
haben, sind für die Förderung der Landwirthschaft gewiß nicht ohne Bedeutung gewesen.
Der Großgrundbesitzer kann leichter der Ungunst von Boden und Klima Herr
werden als der bäuerliche Landwirth. Seine Mittel gestatten ihm die Anwendung der
Drainage, die Verwendung von Kunstdünger und den Gebrauch von Dampfdreschmaschinen
und rationellen Ackergeräthen. Ein Hauptfactor, welcher das Wirthschaftssystem des
Großgrundbesitzes gegenüber jenem des Kleingrundbesitzes günstig beeinflußt, ist der
Betrieb landwirthschaftlicher Brennereien.
Die Drainage ist außer in England kaum irgendwo von solcher Wichtigkeit als in
Schlesien. Die ersten Drainagearbeiten wurden in Schlesien in den Vierziger-Jahren
begonnen und in dem nächstfolgenden Decenninm ziemlich bedeutende Flächen auf den
Gütern des Großgrundbesitzes drainirt.
Der Fruchtbau erstreckt sich vorwiegend auf Raps, Weizen, Korn, Gerste, Hafer,
Kartoffel, Zucker- und Futterrübe, Bohnen, Erbsen; von Futterpflanzen werden zumeist
Rothklee mit Grasgemenge, Esparsette, Luzerne, Mengfutter und Grünmais gebaut.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch