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Der Kathedrale am nächsten stehen in hierarchischer Hinsicht die Kirchen der
Probsteien und Collegiatcapitel, wie die zu Kirchdraus, Preßburg und Tyrnau.
Der Kirchdraufer Kirche war das Schicksal günstiger, als den drei Kathedralen; sie
wurde nicht durch eine ganz neue gothische Kirche ersetzt, sondern der bereits geschilderte
westliche Theil blieb erhalten und nur die östliche Hälfte wurde neu aufgebaut, worauf
sie sich in dem Zustande, in dem sie (1478) geweiht worden, bis auf den heutigen Tag
erhielt. Ihr Neubau erfolgte in der Weise, daß die beiden ostwärts liegenden Joche der
Seitenschiffe auf gleiche Breite mit dem Mittelschiff gebracht, die alte Apsis durch ein
geräumiges Längschor mit einem durch drei Seiten des Achteckes gebildeten Abschluß
ersetzt, die ganze Kirche aber neu eingewölbt wurde. So gewann die östliche Hälfte der
Kirche die Gestalt einer aus drei gleich breiten Schiffen bestehenden Halle, deren Breite
mit ihrer Höhe in keinem Verhältniß steht. Die Wirkung der Verhältnißwidrigkeit wird
noch gesteigert dnrch die roh gebildeten, schwerfälligen Rippen des mangelhaft construirten
Netzgewölbes im Mittelschiffe. Die Probstei war zu dieser Zeit schon von großer Bedeutung,
so daß es auffällt, wie man ihre Umgestaltung so unerfahrenen Händen anvertrauen
konnte. Andererseits ist diese Kirche ein entscheidendes Zeugniß für die Herrschaft des aus
Deutschland hereingelangten Hallenbanes. Die Seitenschiffe haben Sterngewölbe von
geringerer Schwerfälligkeit, doch gleichfalls mangelhafter Constrnction. Auch die Verbindung
des um drei Stufen erhöhten Chores mit dem Mittelschiff ist nicht befriedigend zu nennen.
Das Mittelschiff hat nämlich gegen das Chor hin drei, durch zwei Pfeiler von quadratischem
Grundriß getrennte Öffnungen, deren mittlere spitzbogig und breiter ist, während die rechts
und links liegenden schmaler und rnndbogig sind. Die Südseite des Chores hat zwei, der
Chorabschluß drei Fenster, sämmtlich schmal, aber bis an die Gewölbekappe hinanreichend,
mit glatter Laibuug und einfachem Maßwerk. Am Netzgewölbe des Chores springen die
Rippen weniger vor und ruhen auf Waudpfeilern, die aus drei Diensten bestehen und bis
zur Fensterbank herabreichen, wo sie mit einem einfachen gekehlten Glied enden.
Die Entstehungszeit der Preßbnrger Probstei ist unbekannt; ihre Kirche befand sich
ursprünglich in der Festung, wurde jedoch nach dem Jahre 122l in die Stadt verlegt.
Die in der Festung bestandene Kirche ist spurlos verschwnnden. Die dem heiligen Martin
geweihte Stadtkirche der Probstei, zugleich Pfarr- und später Krönungskirche, ist ein drei-
schissiger Hallenbau mit einem Thnrm und eines der bedeutenderen gothischen Bauwerke im
Lande. Die große Masse des hohen und breiten Satteldaches, das die Halle deckt, dann
die Gliederung der Längsmanern durch gedrungene Strebepfeiler, desgleichen der an der
Westseite stehende nngestalte Thurm, lassen das Änßere der Kirche schwerfällig erscheinen.
Auch ihre Lage ist ungünstig, denn sie steht zwar auf einem Hügel, ist aber an der West-
seite von hohen Häusern umschlossen. Aus dieser Lage ergibt sich für sie die ungewohnte
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch