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Dagegen findet sich gar kein Chor, das kein gothisches Gewölbe hätte. Die Schisse
mit gothischem Gewölbe bilden eine Seltenheit; sie haben zum Theil, nnd zwar die
kleineren, horizontale Holzdecken, zum Theil aber, und zwar die größeren, später erbaute
Tonnengewölbe. Dies erklärt sich wohl daraus, daß die kleineren Kirchen zum Theil gleich
ursprünglich im XIV. und XV. Jahrhundert so gebaut wurden, zum Theil aber früher
entstandene Kirchen mit horizontaler Decke später ein gothisches Chor angebaut bekamen;
bei den größeren wurde das mit der Zeit schadhaft gewordene gothische Gewölbe zumeist
durch eiu Tonnengewölbe, bisweilen auch durch eine horizontale Holzdecke, der Thurmhelm
aber durch ein zwiebelsörmiges Dach ersetzt. Dies sind meistentheils die Umgestaltungen,
welche diese Kirchen erlitten haben. An ihren sonstigen Details hat die spätere Erneuerung
oder Wiederherstellung nicht viel geändert. Die dreischissigen, deren Gewölbe nicht neugebaut
wurde, sind basilikaartig. Die Form der die Schiffe trennenden Pfeiler ist entweder ein
Quadrat mit abgeschrägten Ecken oder ein Achteck. Die einfach gegliederten Rippen des
Gewölbes rnhen selten auf Säulenschäften oder Diensten, häufiger auf Kragsteinen, oft
aber gehen sie direct in die Wandfläche über. Die Laibungen der Fenster sind in der Regel
glatt; auch die Gliederung der Portale ist einfach. Pflanzenornament, sowie figürlicher
Schmuck kommt selten vor, doch findet sich hie und da an Pseilern, Kragsteinen und
Schlußsteinen auch ein menschlicher Kopf oder eine Thiergestalt. Die gothischen Bauwerke
des Bergwerkdistrictes verzichten also auf besonderen Formenreichthum, weisen aber eben
deshalb, aus Mangel an Gelegenheit, auch weniger Übermaß des Ornaments, dieses
Kennzeichen des Verfalles auf.
Im Sohler Couiitat ist in der Kirche zu Liptsch das Gewölbe der drei durch
quadratische Pfeiler geschiedenen Schiffe neuerbaut; die Gewölbe des Chores lassen ihre
Rippen auf dreifach gegliederten und mit menschlichen Köpfen abschließenden Halbsäuleu-
schästen ruhen. Im Tnröczer Comitat ist die oben erwähnte dreischiffige und geradlinig
abschließende Kirche der Stadt Szeut-Märton basilikaartig; ihr Mittelschiff, dessen Acht-
gaben einst höher uud mit schmalen hohen Fenstern versehen war, ist von den Seitenschiffen
dnrch halbkreisförmige Areadenbögen geschieden. Im Liptaner Cvmitat ist in der gleichfalls
basilikaartigen Kirche zu Szeut-Miklös das ungewöhnlich breite (etwa 9 Meter) Mittel-
schiff von den weit schmäleren (etwa 4'/z Meter) Seitenschiffen dnrch zwei Paare achteckiger
Pfeiler getrennt. An dem südlichen Lichtgaden des Mittelschisfes befinden sich Rnndfenster.
Im Barfer Comitat ist die Kirche der Stadt Uj-Bänya (Königsberg) gleichfalls basilika-
artig, hat aber keinen Thurm, wodurch sie, abgesehen von dem dreiseitigen Abschluß ihres
Chores, augenfällig den Kirchen der Cistercienser gleicht. Der Lichtgaden des Mittelschiffes
hat auch hier runde Fenster. Die Schiffe sind dnrch quadratische Pfeiler von einander
geschieden. Das Gewölbe wnrde im Jahre 1726 neu erbaut. Die Westsa^ade hat kein
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch