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XV. Jahrhunderts gebräuchlichen Übertreibungen der spätgothischen Kunst nnd schnf zwei
Werke, die trotz ihrer Kleinheit, vermöge des schönen Materials, der präcisen Dnrchführnng
und der edlen Formen süglich neben die hervorragenderen Baudenkmäler dieser Art zu
stellen sind. In der Zipser Kathedrale gelangt man durch zwei in die Langwand des
südlichen Seitenschiffs gebrochene Arkadenöffnnngen in die sogenannte Frohuleichuams-
kapelle. Die stumpfen Spitzbogen der Arkadenöffnungen ruhen auf zwei Wandpfeilern und
einem frei dazwischen steheudeu Pfeiler. Diese sind an Basis und Schaft achteckig; der
Schaft ist an den vier durch Abschneidnng der Kanten entstandenen Seiten durch je eine
tiefe Kehlung, au den dazwischensallenden vier Seiten aber durch einen säulenförmigen,
auf dreifache Basis gestellten Dienst gegliedert. Diese Gliederung des Pfeilers setzt sich
ohne Unterbrechung an den Bogen fort, blos mit dem Unterschiede, daß die den Dienst
fortsetzende Rippe birnensörmig ist. Die Wandpfeiler in der Kapelle sind an Sockel,
Basis und Schaft sechseckig; die Schäfte sind an den Ecken durch stabsörmige
Dienste gegliedert, in der Mitte aber mit Baldachinnischen geschmückt, welche Statuen ans
späterer Zeit enthalten. Die Pfeiler Haben kein Capitäl; die Rippen des ziemlich einfachen
Netzgewölbes entwickeln sich unmittelbar aus den Diensten. Am Äußeren der Kapelle
herrschen die Streben vor, die sich in fünf Abstufungen verjüngend, mit Leistengliedern, je
einer gedrungenen Pyramide, Fialen, Kriechblättern und einer Kreuzblume geschmückt und
das Kranzgesimse durchbrechend, schlank emporschießen. Dieses und jenes Detail der
Streben, desgleichen das Maßwerk der breiten und hohen, an ihrer äußeren und inneren
Laibnng gleichmäßig gegliederten Fenster gehören der spätgothischen Kunst an, was
jedoch das wohlproportionirte Äußere der Kapelle in seiner guten Wirkung nicht schädigt.
Die Westfa^ade ist durch die kahlen Wände einer Kapelle von quadratischem Grundriß
maskirt. Die innere Länge der Kapelle beträgt etwa 17'/», ihre Breite 7'/2 Meter.
Die Doppelcapelle zu Donnersmark ist um etwa 5 Meter kürzer und um l ' /s Meter
schmäler als die eben beschriebene, an Kunstwerth jedoch weit bedeutender. Die untere
Kapelle, in die aus der oberen eine Treppe neben der westlichen Wand hinabführt, diente
gleichfalls zu gottesdienstlichen Zwecken; sie erhält ihr Licht durch Fenster, die zu zweien
in jedem Pseilerzwischenranm angebracht sind; die birnförmigen, am Netzgewölbe Ranten
nnd Quadrate bildenden Rippen fließen tief herabreichend mit den schlanken, aus der Wand
vorspringenden Säuleuschästeu zusammen. Zu weiterer Festigung hat das Gewölbe noch
eine Rippe, die am Scheitel der Längsachse entlang verläuft. Aus der Kirche führt blos
eine schmale Thür in die obere Kapelle. In ihrem ganzen Innern erblickt man, die
Gewölbekappen ausgenommen, kaum eine Handbreit Fläche, die nicht mit irgend einem
seingemeißelten Ornament belebt wäre. Die Wandpfeiler der Langwände haben die Form
von übereck gestellten Halbqnadraten, die der nördlichen Seite fließen mit den Laibungen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch