Seite - 114 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (5), Band 18
Bild der Seite - 114 -
Text der Seite - 114 -
114
zeigen sich also an ihnen nicht; künstlerische Richtungen »der Schulen lassen sich nur ans
Grund der zur Verwendung gelangten Vorlagen unterscheiden, oder etwa daran, daß
in der einen Gegend, z. B. in Szatmär, die rothbraune, in der anderen, z. B. der Zips,
die hellgrüne Farbe vorherrscht. Dabei sind es insgesammt sogenannte !Ü seeco-
Malereien.
Vom ältesten Wandgemälde sind geringe Farbenreste in der romanischen Doppelkirche
zu Deäki, und zwar im oberen Bau erhalten; es ist im XIII. Jahrhundert, gleichzeitig
mit der Kirche entstanden. Die beiden Mauerflächen zwischen den Fenstern der Apsis sind
jedes mit einer gewaltigen, noch weit über die Fensteröffnung hinausreichenden Mandorla
bedeckt. In der einen sieht man nur noch die Stelle der einstigen Darstellung; in der
anderen lassen verschwindende Spuren die Deutung zu, daß hier Christus auf lehnenlosem
Throne saß, das Haupt im Glorienschein, den Körper in einen weiten Mantel gehüllt,
die Rechte zu segnender Geberde erhoben.
Karl Robert erhob schon zu Lebzeiten Andreas' III. und noch dringender nach
dessen Tode Ansprüche auf den Thron Ungarns. Nach langem, an Zwischenfällen reichem
Kampfe, in dem er durch Erzbischof Thomas von Gran treulich unterstützt wurde, besiegte
er in der Schlacht bei Rozgony (1312) mit Hilfe der Zipfer Sachsen seine Feinde nnd
sicherte sich die Herrschaft.
Dieses epochemachende Ereiguiß in der Geschichte Ungarns, die Thronbesteigung
des Hauses Anjou, ist an der Wand des romanischen Theiles der Zipser Kathedrale in
dem über dem Nordportal befindlichen, 4 60 Meter langen nnd nahezu 2 Meter hohen
Wandgemälde dargestellt. Diese historisch-symbolische Darstellung hat vermöge ihres
Kuustwerthes und der Bedeutsamkeit des Vorwurss nicht ihresgleichen in der Reihe
der monumentalen Malereien Ungarns. Maria sitzt in rankengeschmücktem Saale, ans
vergoldetem, mit Perlen und Edelgestein besetztem Throne, sie hält Jesum im Schoße
und setzt mit ihrer Rechten dem König die durch den linkerhand knienden Erz-
bischof Thomas dargereichte Krone aufs Haupt. Hinter dem König kniet der Zipser
Burgvogt Frank, hinter Thomas der Zipser Propst Heinrich; jener ein bartloser
Jüngling, der ein gerades Schwert hält, dieser im Mönchsgewand, den Reichsapfel
in den Händen. Maria, die Schutzfrau des Reiches, versinnbildlicht den himmlischen
Schutz, die drei historischen Figuren aber den irdischen Beistand, mit dessen Hilfe Karl
Robert sein Ziel erreichte. Die drei historischen Gestalten sind dnrch Überschriften, die
trotz ihrer Lückenhaftigkeit leicht zu lesen, kenntlich gemacht. Burgvogt Frank wird die
Blüte der Jugend <Mos iuvontutis cnmernrius, castellnnns k>an <Ze) genannt,
Thomas wird nach Namen nnd Würde (l'kvmas üreln.) bezeichnet, von Heinrich aber
wird gesagt, daß er das Bild habe malen lassen (Henrieus praepvsitus ieeit illud
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch