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Spuren eines einem Graben folgenden Erdwalles. Der Sage nach fand Swatopluk bei
Neutra einen befestigten Platz. Im Liptauer Comitat soll an der Stelle der Burg Likava
ein slavisches Festungswerk bestanden haben. Bei der Hereinkunft der Magyaren standen
unter anderen nach dem Anonymus Notarius bereits die Burgen Zips, Nögräd, längs
der Waag aber Galgöcz, Beezkö (damals Bolondos) und Trentschin. So lassen es die
in den Namen, Aufzeichnungen und Überlieferungen verborgenen Spuren, sowie die hie
und da vorkommenden geringen Überreste beinahe als zweifellos erscheinen, daß die vor
der Landnahme hier ansässigen Völker sich nicht mit dem natürlichen Schutze begnügt
haben, wie ihn die den größten Theil der Gegend bedeckenden Berge, Hügel und dichten
Waldungen gewährten. Zu größerer Sicherheit legten sie auch künstliche Schutzwerke an
und befestigten längs der Flußthäler, dieser natürlichen Straßenzüge, die Gipfel der
Hügel und Bergjoche durch Erdwälle oder Zäune.
Möglicherweise fanden die erobernden Magyaren außer den Wallburgen und
umzäunten Plätzen hie und da auch aus Stein gebaute Festungswerke, die von den mit
den Römern in Berührung gestandenen Völkern herstammen mochten, uud gewiß haben
sie die Sicherheit, die ihnen durch die primitiven und die vollkommeneren Befestigungen
geboten wurde, nicht verschmäht. Doch wie in den anderen Theilen des Landes, so begann
man auch im Oberlande nach dem Tatareneinfall, in der zweiten Hälfte des XIII. Jahr-
hunderts, nach dem Beispiel der westlichen Länder Burgen aus Stein zu bauen. Diese
kühnen Bollwerke waren nach den Kirchen die ansehnlichsten Schöpfungen der gothischen
Baukunst, sie erregten Staunen und Furcht, dienten der Macht ihrer Besitzer als sichere
Grundlage und spielten in der politischen Geschichte des Landes eine wichtige Rolle. Die
meisten wurden in der zweiten Hülste des XIII. Jahrhunderts und im Laufe des XIV.
erbaut, was einen sozusagen fabelhaften Aufschwung der Bauthätigkeit bekundet. Von denen
abgesehen, die wir nur aus Berichten kennen, beläuft sich schon die Zahl der mehr oder
weniger umgestaltet noch vorhandenen uud in Trümmern liegenden auf weit über hundert.
Bei der Wahl des Bauplatzes für die mittelalterlichen Bürgen war in den Gebirgs-
gegenden, und so auch in Oberungarn, die Bodengestaltung, insbesondere die oro- und
hydrographischen Verhältnisse entscheidend. Die Höhenburg herrscht vor, Wasserburgen
sind Ausnahmen. In der Nähe der die engen Gebirgsthäler durchziehenden Flüsse boten
sich freistehende Hügel, Bergspitzen, steile Felsenzinuen als die geeignetsten fiir Schutz und
Trutz. Die Bewohner der Burg beobachteten von ihrem kaum zugänglichen und mit hoher
Mauer umgürteten Nest aus den drohenden Feind, wie die arglos nahende Beute, schon
auf weite Entfernung : den einen empfingen sie wohlvorbereitet, auf die andere stießen sie mit
sicherer Berechnung unerwartet nieder. Längs dieser nämlichen natürlichen Verkehrsadern
ließen sich, gewiß nicht blos instinktmäßig, auch die älteren Völker uieder, woraus beinahe
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch