Seite - 147 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (5), Band 18
Bild der Seite - 147 -
Text der Seite - 147 -
147
daß es nvch der gothischen Bauepoche, vermuthlich dem XV. Jahrhundert angehört. Es
ist ein einziger, viereckiger Langflügel, hat also keinen Hof; das Erdgeschoß ist der Länge nach
durch einen Gang entzweigeschnitten; das Obergeschoß enthält den Rathssaal, dessen
Sterugewölbe auf drei quadratischen Pfeilern aufsetzt. Ein in künstlerischer Hinsicht
hervorragender weltlicher Bau ist das Preßburger Rathhaus, das jedoch auch Renaissance-
Einflüsse ausweist. Wahl des Platzes uud Anlage weichen von mittelalterlicher Gewohnheit
ab. Es steht nicht frei, sondern fügt sich in die Hänserreihe ein, so daß nur der westliche
nnd nördliche Flügel Fanden haben; es hat einen Hof, der ein unregelmäßiges Viereck
bildet. Die Erbauung fällt der Hauptsache nach in das XV. Jahrhundert, doch brachte
schon dieses, und noch mehr das XVI. Umgestaltungen. Die dem Markte zugekehrte,
einstöckige Westsa^ade erhielt ihre jetzige, überaus einfache Gestalt im Jahre 1599; jedes
Stockwerk hat eine regelmäßige Reihe von sechs geradlinig abgeschlossenen Fenstern.
Etwas älter ist der am nördlichen Ende der Fa^ade, über dem Thore auf Kragsteinen
ruhende,'nur wenig vorspringende Erker. Thor nnd Thorhalle wurden im Jahre 1457 nen
eingewölbt. Die Thorhalle ist der schönste Theil. Sie besteht aus fünf Jochen; die Wände,
an deren Basis Steinbänke entlang laufen, sind durch je sechs kurze Säulen gegliedert,
die Gurten und Rippen des flachen Gewölbes einfach gegliedert, die herabhängenden
Schlußsteine mit Büsten und Wappen verziert. Erwähnenswerth ist noch der über dem
südlichen Flügel aufsteigende Thurm, in dem sich einst eine Kapelle mit schönen Fenstern
befand. Von der Renaissancedecke des Rathsaales und den Arkaden des Hofes wird
weiterhin die Rede sein.
Renaissance, barock nnd Nenzeil.
Die Thätigkeit der im Dienste König Matthias' I. stehenden italienischen Künstler
wird zum größten Theil von den königlichen Banten in Ofen, Visegräd und Totis in
Anspruch genommen; dennoch nimmt auch das Oberland an dem Ruhme theil, daß
Ungarn das erste Land diesseits der Alpen war, wo die italienische Renaissancekunst
Boden faßte. Die Verhältnisse zwar waren ihrer Ausübung, wie jenseits der Donau,
so auch in Oberland ungünstig. In den vorhergehenden Jahrhunderten waren
zahlreiche Kirchen entstanden, die dem religiösen Bedürfnisse vollauf genügten.
Überdies behauptete der gothische Stil seine Herrschaft in der kirchlichen Baukunst
noch über das Ende des XV. Jahrhunderts hinaus. Auf diesem Gebiete war also
kein Raum für die Ausübung der neuen Kunst. Die vorkommenden weltlichen
Ausgaben standen zwar mit den ohnehin weltlichen Neigungen der Renaissance
in keinem Widerspruch, allein sie begünstigten diese Bauweise auch nicht, indem sie ihre
10«
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch