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Die an Thieren, Pflanzen, Mineralien, Versteinerungen u. s. w. reiche Sammlung des
naturwissenschaftlichen Vereins ist in den Erdgeschoßsälen des zum Rathhause gehörigen
Apponyi'schen Gebäudes untergebracht. Dem städtischen Museum sind die Prachtsäle des
ersten Stockwerkes im Hauptgebäude des Rathhauses eingeräumt, sie enthalten viele für das
ehemalige Leben der Stadt interessante Gegenstände. Die Sammlung des evangelischen
Lyceums, eine großmüthige Widmung des Patrioten Schimko, besteht aus 1.000 Stück
verschiedenartigenAlterthümern und einer ansehnlichen ägyptischen Sammlung; ihreuHaupt-
schmuck und werthvollsten Theil jedoch bildet die aus 10.833 Stücken bestehende Collection
von antiken, mittelalterlichen und neuzeitlichen Münzen, die fachgemäß geordnet ist. Es
gibt in Europa schwerlich eine Mittelschule, die sich eines solchen Schatzes rühmen könnte.
Von den Archiven seien, mit Umgehung der unwichtigeren, nur zwei erwähnt: die
der Stadt und des Capitels. Das städtische Archiv ist eine der reichhaltigsten communalen
Sammlungen des Landes und liefert reichliche Daten nicht nur zur Geschichte der Stadt
Preßburg, sondern auch zu der des ganzen Landes. Den werthvollsten Theil dieses Archivs
bilden, vom localen Gesichtspunkt, die in stattlicher Reihe vorhandenen Kammerrechnungen.
Noch weit reicher ist aber das Archiv des Capitels zu nennen, das aus einem eigentlichen
Capitnlar- und einem Landesarchiv besteht. Ersteres enthält blos die Schriftstücke des
Capitels, letzteres jedoch Schriften von allgemeinem Interesse, aus jener Zeit, wo das
Preßburger Capitel noch als beglaubigter Ort wirkte.
Das gesellschaftliche Leben Preßburgs gliedert sich nach Classen, und zwar in starrerer
Weise, als in anderen ungarischen Städten. Nicht nur der ständige Aufenthalt der erzherzog-
lichen Familie, sondern auch zahlreiche ungarische und österreichische Aristokratenfamilien
tragen dazu bei, die gesellschaftlichen Scheidelinien innerhalb der Bevölkerung auch
äußerlich merkbar zu machen. Der erzherzogliche Hofstaat verleiht dem städtischen Leben
besonders bei Anlässen, die das Getriebe des Alltags in festlicher Weise erhöhen, keine
geringe Anregung. In der Reihe der hier ansässigen aristokratischen Familien sind mehrere
fürstliche, gräfliche und freiherrliche Häuser vertreten. Auch wohnen hier zahlreiche hoch-
gestellte Osfieiere, die imVerein mit der denHonveds und der gemeinsamen Armee angehörigen
Garnison die Stadt sehr beleben. Während die Altstadt von den wohlhabenderen Bürgern,
Kaufleuten und Beamten bewohnt ist, sind in den Bezirken Ferdinandstadt und Franz
Jvsephstadt schlichtere Bürger uud Handwerker, in der Neustadt, besonders der Blumen-
thaler Gegend, meist Weinhauer und Fabriksarbeiter, in dem am Schloßberg liegenden
Theile der Theresienstadt die ärmeren Juden angesiedelt. Dieser socialen Gliederung
entsprechend haben sich auch gesonderte Vereine, Clubs und Gesellschaften gebildet, so das
adelige, Militär- und bürgerliche Casino, der Fortschrittsclub der Gewerbetreibenden und
Beamten, der Arbeiter-Bildungsverein „Vorwärts", der kaufmännische Club, der Toldy-
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch