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hochgewachsener, schöner Menschenschlag, der sich von der Bewohnerschaft anderer
Rodungen wesentlich unterscheidet. Er legt viel Werth auf Reinlichkeit und Behaglichkeit,
was schon die Größe, sowie innere und äußere Ausstattung seiner aus Holz gefügten
Häuser beweist. Seine Hauptbeschäftigung ist die Viehzucht, daneben werden seit wohl
einem halben Jahrhundert eine große Anzahl von Findlingen verpflegt und aufgezogen,
die aus Wien hieher geschickt werden. Es gibt kaum eine Rodung, wo kein solches Kind zn
sehen wäre. Nach amtlichem Ausweise wurden hier im Jahre 1895 541 solche Findlinge
erzogen. Die Bewohner des Jntravillans hatten einst ein einträgliches Gewerbe, das Weben
von Mühlbeuteln, allein sie betreiben es nur noch nebenbei und ziehen vor, sich mit dem
Weben eines flanellartigen Kleiderstoffes zu beschäftigen.
Zwischen den Rodungen von Miava führt in gewaltigen Windungen eine Berg-
ftraße nach der Ortschaft O-Tura , deren ganze Umgebung aus großen Waldungen,
prächtigen Alpenweiden und grasreichen Thälern besteht. O - T u r a ist eine große
Rodungsgemeinde mit 6.120 Einwohnern. Es hat starke Viehzucht und auch sein Name
(tur — Ochse) rührt daher. Käse und Butter versendet es weithin, selbst nach Deutschland.
Über 200 Drechsler verarbeiten das Holz der Buchen, Linden, Eschen, Birn- nnd Kirsch-
bäume der Gegend zu laudwirthschaftlichem und Hausgeräth. In O-Tura, nebst den
Nachbargemeinden Lnbina, Bot fa ln nnd Hrnssö verfertigen insgesammt 800 Familien
jährlich 100.000 bis 200.000 Stück Holzgeräth im Werthe von 65.000 Gulden, das
selbst nach Bosnien, Serbien, Bulgarien nnd Rumänien ausgeführt wird. Nahe bei
Ö-Tura entspringt der Dndväg, und etwas weiterhin in anmuthigem Thale eine ziemlich
mächtige Mineralquelle, die an Geschmack und Wirkung dem Biliuer Wasser nahekommt.
Bei Sändor f schließt sich dem Hügelgelände das Weiße Gebirge an, so benannt
nach der grauen Farbe seines kahlen, buckligen Grates. Sein Kalkgestein wird in großen
Massen gebrochen und der daraus gebrannte Kalk, jährlich 10.000 Centner, auch nach
Österreich und Mähren verschickt. Die Gegend von Hradist bestreitet den größten Theil
des Kalkbedarfes unserer westlichen Comitate. Ein Gipfel des Gebirges trägt die
Burgruine Korläthkö. Diese Burg war im XIII. und XIV. Jahrhundert eine starke
Schutzwehr der Gegend. Ursprünglich Stammnest des Geschlechts der Korläthköi, fiel sie
später der Reihe nach an Matthäus Esäk, den Wojwoden Stibor und schließlich die
Familie Bäuffy. Weiterhin liegt Jabloucza, wo Graf Appouyi ein schönes Schloß in
großem Parke, mit berühmter Schweizerei und Schafzucht besitzt. Historisch denkwürdig
ist der Sieg, den hier die Truppen Franz Räköczis II. (1704) über General Ricsän
erkämpften.
Vom Weißen Gebirge zieht gegen Nordost das waldige Massiv des Brezovögebirges,
ein Conglomerat von Dolomit und Leithakalk, durch tief eingehöhlte Mulden und Thäler,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch