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Berges Havran stand einst das Kloster des Johanniterordens, das dann im XV. Jahr-
hundert das Ranbnest des Pankraz Szentmiklösi nnd des Peter Komoröczi wurde. Die
Aussicht von da erstreckt sich weithin, von Rosenberg die Waag auswärts bis Szent-Jvän
und bis zur fernen Kette der Niederen Tatra, über eine Unmenge dem Fuße der Berge
entlang verstreuter Dörfer und die launenhaften Windungen der Waag; so war dieses
Adlernest in den Jahrhunderten der Kämpfe und des Faustrechtes gar wohl geeignet, Alles,
was vorbeikam, zu erspähen, die reisenden Kaufleute zu überfallen und auszuplündern.
Auf der Comitatsstraße erreicht man nach Osten hin, längs des rechten Waagufers
alsbald jene kleine alluviale Ebene, in der der Comitatssitz Liptö-Szent-Miklös mit
2.940 Einwohnern erbaut ist. Das hübsch angelegte Städtchen erhielt diesen Rang erst
im vorigen Jahrhundert, als es sich zum Hauptplatz des Handels aufzuschwingen begann.
Seine Lage ist sehr schön, die ganze Umgebung ist überraschend. Südlich der Stadt
erheben sich die sanfter geschwungenen Bergstöcke der Niederen Tatra; im Norden streben
dje mächtigen Berggruppen der Liptaner Alpen auf; läugs der Waag aber öffnet sich ein
freier Ausblick gegen Ost und West. Der erste Name des Platzes, auf dem später Liptö-
Szent-Miklös gebaut wurde, war Mathefölde (Matthäusboden); so nennt ihn auch König
Bela IV. in seiner Urkunde von 1268, worin er zum Bau der Kirche ein Grundstück nnd
für die Pfarre eine Curie verleiht. Die gothische Kirche wurde eine Zeit lang von den
Hussiten benützt. Im Jahre 1464 wurde sie wieder römisch-katholisch geweiht; 1664
brannte sie ab, wurde aber wieder aufgebaut. Auf ihrer Synode zu Liptö-Szent-Marton
nahmen die Pfarrer des Liptauer Comitats am 18. Oetober 1583 als die ersten den
Gregorianischen Kalender an. Die jetzigen Merkwürdigkeiten der Stadt sind: Die
evangelische Kirche, die große und geräumige Synagoge, das im Jahre 1713 erbaute
Comitatshaus. Seitdem Liptö-Szent-Miklös kürzlich mit der seine Fortsetzung bildenden
Kleingemeinde Verbicz auch administrativ vereinigt wurde, ist es Großgemeinde; es ist jetzt
Comitatssitz mit zahlreichen Bezirks-, Comitats- und Staatsämtern. Es hat eine Spar-
cassa, eine staatliche Bürgerschule, mehrere Vereine für Culturzwecke. Es betreibt eine
bedeutende und lebhafte Lederindustrie, welche Kürschner-, Gerber- und Schusterwaare
liefert; eine Weberei und eine Knochenmehlfabrik arbeiten auch für die Ausfuhr; der
Handel mit Spiritus und Holzwaaren ist ansehnlich. Mit Ackerball beschäftigt man sich nur
wenig, da die Gemarkung nicht groß ist. 1883 wurde der Ort durch Feuersbrunst verheert,
seitdem aber als ausnehmend hübsches Städtchen wieder anfgebant. Etwa drei Kilometer
die Landstraße hinan, liegt gegen Osten, wo der Szmrecsankabach sich in die Waag ergießt,
die kleine Gemeinde Okolicsäny, mit etlichen Hundert Einwohnern. Die Merkwürdigkeit
dieses Dörfchens ist das mit Eckthürmen versehene alterthümliche Schloß der 660 Jahre
alten Familie Okoliesänyi; es zeigte einst den Charakter des XV. Jahrhunderts, der jedoch
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch