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vor dem Hanse sitzen, meist aber plaudern sie nnr durch das Fenster. Am ersten Mai stellt
der Bursche vor der Wohnung des Mädchens einen Maibaum auf, den er mit bunten
Bändern nnd Tüchern behängt; in der Frühe ziehen die Burschen mit Musik durch das
Dorf, halten bei jedem Maibaum, und Jeder führt sein Liebchen zum Tanz.
Nachdem sich der Bursche überzeugt hat, daß er im Hause des Mädchens wohl-
gelitten ist, und auch seine Eltern nichts gegen das Mädchen einzuwenden haben, wird
eine weibliche Verwandte zu den Eltern des Mädchens entsendet, um zu erfahren, ob
sie sie ihm zur Frau geben wollen. Ist die Antwort bejahend, so geht nach einigen
Tagen der Bursche mit seiner Mutter oder seinem Vater, zuweilen mit mehreren Ver-
wandten, auf Brautschau. Kurz darauf folgt die Brautwerbung, bei der der Beistand
des Bräutigams in langer, meist gereimter und reichlich mit biblischen Gleichnissen
gespickter Rede die Eltern um die Hand ihrer Tochter bittet, worauf der Beistand des
Mädchens mit einem ähnlichen Carmen antwortet. Der Bräutigam übergibt seiner
Braut die mitgebrachten Geschenke: Tüchlein, Cordnanstiesel oder sonstige Kleidungsstücke,
worauf die Braut dem Bräutigam meist ein zierlich gesticktes Hemd und einen Blumen-
strauß verehrt. Hierauf folgt der Austausch der Ringe. Von nun an fühlt sich der Bnrfche
im Hause seines zukünftigen Schwiegervaters heimisch und hilft ihm oft bei der Feldarbeit.
Die meisten Heiraten werden im Herbst (October, November) geschlossen, wenn
die Feldarbeit schon zu Ende ist, oder im Fasching. Während der drei Wochen, bis das
Pärchen aufgeboten ist, geht es zum Pfarrer in den „Katechismus", die Alten aber
treffen Vorbereitungen für die Hochzeit, zu der die Brautführer (ckruöda) die Verwandten
und guten Bekannten einladen. Dem seinem Amte obliegenden Brautführer steckt die
Brautjungfer («Zruxika) einen hübschen Strauß an den Hut oder Rock und schmückt ihm
den Stock mit rothem Band. Die geladenen Gäste bringen dem jungen Paare verschiedene
Geschenke dar. Die Hochzeitmutter (sirokä) schickt der Brant gewöhnlich eine hübsche
Haube, die anderen geben Getreide, oder häusliches Geräth, Geschirr, Geflügel und
dergleichen. Die Hochzeit beginnt eigentlich schon am Abend vor der Trauung; da
wird der Brautkranz gewunden. Die Mädchen, von denen die Braut sich bei dieser
Gelegenheit verabschiedet, singen rührende Lieder, in denen sie die Tugenden der Fran
verherrlichen. Die Hochzeitmutter bewirthet die Anwesenden mit frischem Kuchen und
heißem, gezuckertem Branntwein (kriate).
An manchen Orten erfolgt das Kranzbinden frühmorgens am Trauungstage selbst,
und zu diesem Zwecke versammeln sich die Brautjungfern und weiblichen Verwandten
schon um Tagesanbruch im bräutlicheu Hause. Später, aber noch vor der Messe, treffen
nach und nach auch die übrigen Gäste ein. Die Gäste des Bräutigams versammeln sich
in seinem Hause. Die beiden Gastgesellschaften begeben sich entweder getrennt zur Trauung,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch