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Burschen einen Maskenzug zu veranstalten. Einer trägt eine Laterne, ein anderer schleppt
einen großen Holzklotz nnd die übrigen folgen ihnen als komische Figuren in
Vermummungen. So durchziehen sie das Dorf und halten vor jedem Hause, wo ein
erwachsenes Mädchen ist, das an den Unterhaltungen des Faschings theilgenommen hat.
Am Tage Josephi (19. März) beginnt der Frühling. Wer an diesem Tage übers
Feld geht, trachtet ein Blümlein oder wenigstens ein Haselnußkätzchen heimzubringen, als
Zeichen, daß der Frühling in's Land gekommen. Am Palmsonntag gehen an vielen Orten
die kleinen Mädchen mit frisch aufgeschossenen Baumzweigen von Haus zu Haus; an den
Zweigen haben sie kunterbunte Zeugstückchen, Bänder und mit Binsenmark umwundene
farbige Eierschalen befestigt; dazu singen sie ein Lied über das Leiden Christi. Am Grün-
donnerstag bringen in manchen Ortschaften die Hirten in jedes Bauernhaus einen Hasel-
nnß- oder Hagedornzweig, mit dem dann der Bauer sein Vieh auf die Weide treibt. In
mancher Gemeinde erfolgt der Austrieb des Viehes schon am Gründonnerstag, wenn auch
die Gegend noch von Schnee bedeckt ist. Stark im Schwange sind die Osterbegießnngen.
Die Mädchen haben nichts dagegen einzuwenden, wenn die Burschen ihnen ein paar Butten
Wasser über den Körper gießen oder sie in den das Dorf durchströmenden Bach tauchen,
wo nicht gar unter das Anslanfrohr des Brunnens halten. Je gründlicher die Beziehung,
desto eher folgt darauf die Hochzeit.
Zu Georgi (24. April) wandelt an manchen Orten die Dorfjugend mit brennenden
Fackeln singend durch das sprießende Grün der Felder. Den Abend vorher aber werfen
die Mädchen Kränze in den Bach, und ziemlich weit unterhalb fischen die Burschen die
Kränze heraus und prophezeien danach, welches Mädchen jedem zufallen werde.
Am Vorabend des Tages St. Johanns des Täufers wird auf dem Felde das
Johannisfener angezündet. Das junge Volk sucht im Dorfe möglichst viel alte Besen
zusammen, bestreicht sie mit Wagenschmiere und zieht damit aufs Feld. Dort wird ein
großes Feuer gemacht, die Besen werden in Brand gesteckt und es findet mit ihnen
rings um das lodernde Feuer ein ganzer Fackelzug statt, wobei Gelegenheitslieder gesungen
werden. Die muthigeren Bursche treten einzeln aus der Reihe heraus und springen über
die hoch auflodernden Flammen weg. Die Alten sehen vom Rande des Dorfes zu, wie
die Jugend sich unterhält.
Nach Beendignng der Ernte bewirthet jeder Bauer seine Feldarbeiter, und das
nennen sie tiomvla. Die Arbeiter winden einen Kranz aus Feldblumen und etlichen
Ähren von jeder Getreideart. Einer von ihnen setzt sich ihn auf uud um die Abend-
dämmerung zieht die ganze Gruppe nach dem Hause des Bauern. Wenn sie dort ein-
getroffen sind, begießt die Hausfrau den Träger des Kranzes mit Wasser, damit das
Getreide rein sei; hierauf hält einer der Arbeiter eine Anrede an den Bauern uud
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch