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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Seite - 16 -
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16 welche die Stunden anzeigten. Der gothische Thurm, heute des größten Theiles seiner Zierden beraubt, mit einer späteren Bedachung abschließend, steht nun vereinsamt und traurig da, gleichsam Tag und Nacht über die Vergangenheit nachsinnend. Wohl verkündet er auch den heutigen Geschlechtern, die er nicht mehr versteht, die Stunden; doch irrt er zuweilen, und wenn er auch seine Pflicht erfüllen will, es geht nicht mehr, denn alles an ihm ist erstarrt und leblos. Nachts aber, im Glänze des Mondlichtes, das sich über den ganzen Ringplatz ergießt, nimmt er einen seltsamen Ausdruck, eine ungeheure Würde an. Er steht da, wie ein Finger Gottes, hochragend, gleichgiltig auf Leben und Treiben der Mitwelt niederblickend. Er sieht auf das Kirchlein des heiligen Adalbert herab, das, älter als er, heute barock, ehemals aber ein romanischer Bau gewesen ist, er sieht auf die uralte Tuchhalle, gleich ihm eine Kronzeugin großer traumhafter Vergangenheit. Zweimal in der Woche wird in Krakau eine Messe abgehalten, und da über- schwemmen die Sukmaneu' der die Stadt umgebenden Dörfer den ganzen Ringplatz. Da ist es laut in der Stadt, alles ist bewegt, alles farbig. Manchmal auch fährt eine Bauernhochzeit über den Platz, die Braut und ihre Angehörigen sitzen auf Wagen, die Brantjunker jagen auf ihren Pferden voraus. Viele benachbarte Dörfer gehören zur Pfarre der Frauenkirche, und die Mädchen, die in Meierhöfen geboren worden, von wo aus man die Thürme der Pfarrkirche sieht, anerkennen keine andere kirchliche Einsegnung, als jene, die sich in den Mauern des alten Gotteshauses vollzieht. Am lebhaftesten aber geht es hier zur Zeit des Frohnleichnamsfestes zu. Im Vergleiche mit den stolzen Processionen in Italien nnd in Wien ist der kirchliche Umgang in Krakau an diesem Tage freilich bescheiden, provinziell und ärmlich; um so leuchtender aber wirkt das locale Colorit, um so erbauender die Andacht und tiefe Sammlung der Theilnehmer. Eine ganze Woche hindurch ist die Stadt voll flatternder Fahnen, bis endlich in der Oetave des Festes der Ringplatz abermals festlich umgangen wird. Wenn der letzte Fahnenträger wieder in die Frauenkirche zurückgekehrt ist, beginnt eine eigenartige Volksbelustigung. Vor Jahrhunderten sollen die Tataren gerade an dem Tage eines ähnlichen Kirchenfestes in Krakau eingefallen sein. Ein Fischer aus der Vorstadt hatte damals einen Haufen junger Burschen zusammengelesen und mit ihnen den Feind verjagt. Ein Nachkömmling jenes Fischers verkleidet sich bis auf den heutigen Tag iu einen Tataren, besteigt ein hölzernes Pferd und stürmt nach dem Ringplatz von einer Schaar von Gassenvolk umgeben. Wer ihm nahe kommt, den traktirt er mit Stockschlägen, er selbst aber streckt die Hand nach dem Gelde aus, das man ihm ans den Fenstern zuwirft. Vom Krakauer Ringplatz laufen je einige Gassen nach allen Weltgegenden hinaus. Die wichtigste unter ihnen führt uns zur Burg, sie wird auch bis auf den heutigen Tag die ' So wird das Oberkleid des galizischen Bauers genannt.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Band 19
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Galizien
Band
19
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1898
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.48 x 22.34 cm
Seiten
920
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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