Seite - 34 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Bild der Seite - 34 -
Text der Seite - 34 -
34
Steinquadern aufgeführt, mit Sculpturcu freigebig geziert, mit sehr reich deeorirtein
Erdgeschoß uud von einer leicht und harmonisch gegliederten Dachbrüstung bekränzt,
besitzt es in seinen niedlich kleinen Jnncnräumen sehr interessante Einzelnheiten, reich
geschnitzte Thiirstürze und Fenstereinfassnngen. Unter anderen merkwürdigeren Privat-
banten siud eiuige werth, besonders hervorgehoben zn werden, wie beispielsweise das
vornehm angelegte Renaissancehans des Stadtconsnls und Leibmedicns König Sigis-
munds III., Dibovicius, mit lateinischen Devisen, in der westlichen Hänserreihe des
Ringplatzes, und das Eckhaus derselben Reihe, ein geistreich gedachtes Patrizierhans,
einst Eigenthum der altberühinteu Lemberger Familie Szole-Wolfowiez (so benannt
nach ihrem deutschen Ahnen Wolfgang Scholz), mit mächtig ausladendem Erdgeschoß
aus bossirten Spitzquadern, sehr originellem Eckpilaster und zahlreichen Seulpturen,
darunter Köpfe in der bürgerlichen Haartracht des XVI. Jahrhunderts, uud mit vielen
in jener Zeit so beliebten humanistischen Sinnsprüchen in lateinischer Sprache; das
Bandinelli'sche Haus aus der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts, einst dem ersten
königlichen polnischen Postmeister gehörig, mit seinen leider jetzt verstümmelten Delphin-
feulpturen; das sogenannte venetianische Haus, einst Eigenthum des ausnahmsweise
nnd halbosficiell bestellten venetianischen Eonsnls Anton Massari (1610), ans fa^ettirtem
Boßwerk nnd mit dem hübsch gemeißelten St. Marcuslöwen übcr dem Eingange,
und andere. Aber selbst in den anscheinend neuen, in trostlosester moderner Bana-
lität dastehenden Hänsern wird man in den inneren Räumen, Fluren und Höfen
dnrch flott und originell gemeißelte Wahrzeichen, Familienmarken, gothische Thür-
einfassungen, reich geschnitzte Thürstürze, ornamentale Kragsteine, schöne Holzplafonds
nnd dergleichen überrascht, die von dem Geschmack und der Kunstliebe der Lemberger
Patrizier im XVI. und XVII. Jahrhundert zwar ein nur mehr stammelndes, aber
dennoch verständliches Zeugniß geben. Und in diesen Überresten einstiger Decoration
welch eine wechselnde Charakteristik localen Geschmacks und welch ein buntes Muster-
bild verschiedenartiger Motive hier, nach Lemberg hergebracht aus den fernsten Welten:
ans Ost nnd West — armenisches Schnörkelwerk neben spätgothischen geometrischen
Verschlingungen, schwungvolle Linien italienischer Renaissance neben orientalisch aus-
wuchcrudcm Ornament, je nachdem der Bauherr oder Architekt ein Armenier, ein
Deutscher, ein Florentiner oder ein Levantiner Franke gewesen!
Von den öffentlichen Profanbanten hat sich nach dem Einsturz des vou dein
berühmten und uuglücklicheu Stadtkonsul Martin Novicaiiipianus um das Jahr 1620
mit einem Thurm und vielen Steinscnlptnren versehenen Rathhauses, außer den zwei
Zeughäusern, dem städtischen und dem königlich polnischen, die wenig Interessantes bieten,
eines erhalten und uur die Gvtteshäuser, feierliche Zeugeu der wandelnden Geschicke
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch