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Gasse mit dcn altersgrauen imposanten Steininassen der dreifach gekuppelten griechisch-
katholischen Stadtkirche und dem stolzen, hoch aufstrebenden Korniakt'schen Thurme, dem
rnthenischen Cainpanile, rechts im Schatten alter Bäume der sogenannte Salpeterthurm
mit steilem rothen Dache, ein ganz schlichter aber malerisch wirkender Ban, hoch über
demselben die Carmeliterkirche mit den Resten ihrer Festungsmauern, vor nns das Arsenal
der ehemaligen Republik, jetzt Artillerie-Zeughaus, und als Hintergrund gegen Norden
der als ein einziger riesiger Bnsch aufsteigende Schloßberg (VV^soki Xurnek), die beliebteste
Promeuade Lembergs.
Der rnthenischen Stadtkirche, welcher in Lemberg der geläufigere Name der
„walachischen" gegeben wird, weil ihr Bau seinerzeit blos durch die freigebigsteu Speudeu
der walachischen Hospodaren, die immer eifrige Gönner und Wohlthäter ihrer Lemberger
Glaubensgenossen waren, ermöglicht wurde, gebührt volle Aufmerksamkeit. Ein edler Bau
aus Krasower Quadersteinen, einfach aber kraftvoll durch Pilaster gegliedert, mit einem
breiten in Stein gemeißelten dorischen Friese, auf dem der italienische Baumeister, der
bereits erwähnte Panl der Römer, zwischen classische Triglyphen kirchlich-symbolische
Darstellungen in byzantinischer Auffassung hineingezwängt hat, die ganze Frontseite
bescheiden den Häusern angereiht, aber die Abside und der daneben hoch anfsteigende
Thurm frei und trotzig dem Stadtwall zugekehrt — ist diese merkwürdige Kirche im
vollsten Siuue des Wortes ein Wahrzeichen der rnthenischen Geschichte und des ruthenischeu
Lebens in Lemberg. Nach einem Blick in das Innere der Kirche, einen mit Geschick angelegten
einschiffigen, durch toseauische Pfeiler getheilte« Raum, mit einem Kuppelgewölbe, das
souderbarer Weise sich über an die Gothik anklingenden, spitzbogigen Arkaden erhebt,
gelangen wir in den Kirchhof, einen überraschend pittoresken Winkel mit Kreuzgang und
einer kleinen, ganz mit Seulptnr bedeckten Kapelle, die zwar viel später errichtet und nicht
so reich oruameutirt ist, dennoch gewissermaßen ein Gegenstück zu der polnischen Boims-
Kapelle bildet. Der Hauptstolz jedoch der Kirche ist ihr daneben aufgebauter, eampanilen-
artiger sechsstöckiger Koruiakt'sche Thurm, ein mächtiger, viereckiger Qnaderban, hoch
emporschießend, edel und harmonisch gegliedert, eine Stiftnng des Candioten Constantin
Korniakt, dessen wir bereits gedacht haben. Der die Kirche umgebende Häusercomplex
ist Eigenthum der Stauropigialanstalt, welche auch das Kircheupatrouat ausübt — eines
religiös-nationalen Institutes, welches eiust den Brennpunkt des rutheuischeu Lebeus
bildete und ein festes Bollwerk der Orthodoxie war, das im Kampfe gegen den Anschluß
au Rom am zähesten mitstritt uud erst, als schou die kirchliche Uuiou überall obgesiegt, sich
als das letzte ergab (1708).
Das einstige Ghetto in der Nähe mit seiner tief im Hinterhofe versteckten sehr
interessanten Krypto-Synagoge („der goldenen Rose"), einem dnnklen, dumpfen, gothisch
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch