Seite - 42 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
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Erweiterung und Moderuifiruug Wiens fiir alle großen Provinzstädte der Monarchie
geschaffen, die aber in Lemberg mit den Siebziger-Jahren beginnt. Mit Ausnahme des
Juvalideuhauses, eines wahrhaft prächtigen, großartig angelegten Banes von burgartiger,
romauisirender Architektur aus polychromen Ziegelwerk, einer Schöpfuug des berühmten
Hansen, welches zwei Jahrzehnte vorher, leider zu weit vou der eigentlichen Stadt
abgelegen, aufgeführt wurde, erstanden in dieser Zeitperivde die vornehmsten Monumental-
bauten Lembergs, die Polytechnik, das Statthaltereipalais, das Landhaus, das rutheuische
Seminar, das Justizpalais, das Post- und Telegraphengebände, das Potoeki'sche
Majoratspalais nnd die Sparcassa, diese letztere ein prunkvoller Bau auf mächtigem, aus
roh behaueueu Steinquadern gefügtem, an die altflorentinischen Rnstikmanern erinnerndem
Erdgeschoß, mit warmabgetönten Chamotteziegeln bekleidet, mit farbigem Majolikafries,
kühn aufsteigender Kuppel nnd kunstvollem Gitterwerk, eine Schöpfung des Lemberger
Architekten Professor Zacharjewiez. Das Sparcassagebäude bildet mit der gefälligen
Abrnndnng seiner Frontstirne die Ecke der Karl Ludwigs- nnd der Jagellonengasse, und
nun um diese Ecke und dann noch einmal links einbiegend, an dem schönen Staats-
eisenbahnpalais (jetzt Hotel Imperial) vorbei, gelangen wir in die Dritten-Maigasse, eine
breite, gerade, mit Holzstöckeln gepflasterte Gasse, welche in den Stadtpark, den ehemaligen
Jesni tengarten, einmündet und, selbst eine Art von Fanbonrg St. Germain, in das
eleganteste Stadtviertel hineinführt.
Das Landhaus , eiuReuaissaucebau des Architekten Hochberger, mit zwei beknppelten
Seitcnpavillons, die durch eiu Nisalitfroutou mit Säuleuloggia getrennt sind, mit
signralen Scnlpturen geschmückt, bildet das Hauptobject dieses voruehmeu und aumuthigeu
Stadttheiles. Vou hier aus, zumal von der Loggia des Landhauses, bietet sich dem Auge
des Zuschauers eine wahrhaft reizende Aussicht, welche architektonischen Effect mit
landschaftlicher Anmuth iu dcr glücklichsten Weise vereinigt. Links in angemessener
Ferne der steilrnnde grüne Rasenkegel mit der rothbraunen Citadelle, jetzt ein
friedlich-ernstes, rein malerisches Versetzstück, die Lemberger Engelsburg iu Tasche»-
format, gegeuüber der sanft ansteigende Stadtpark mit seinen hundertjährigen Baum
riesengrnppen, saftigen grünen Bosqnets und zierlichen Blnmenparterren, und über dem
Parke auf schattiger Basis von Busch und Banmwipseln hinansschwebend, gleichsam auf
den blauen Grund des Himmels hingezaubert, in täuschend nebliger Ferne die rntheinsehe
St . Georgskathedrale, ein höchst effectvoll wirkender Rococoban des Italieners
Fontana mit hoher Kuppel, schwungvoll, leicht und harmonisch in seiner Massenver-
theiluug, mit verschnörkeltem Laternenschmnck, von mächtigen schwarzen Tannen umgeben
— bei Sonnenuntergang, wenn mit goldenen Finthen Übergossen und gleichsam auf-
flackernd in langsam erlöschender Strahlenglnth, ein märchenhaft anmuthender Anblick.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch