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Die nächste Station Beskid liegt zwar noch ans galizischer Seite, steht jedoch bereits unter
der Verwaltung ungarischer Bahnen.
Der Grenzkamm, der fast überall in Galizien den Namen unbekannten Ursprunges
„Beskid" führt, ist an dieser Stelle nur etwa 900 Meter hoch. Die Fahrt von Lawoczne
bis zu der Grenze über kühne Viaducte und hohe Brücken ist wegen des fortwährenden
Wechsels des schönen Gebirgspanoramas sehr interessant. Durch einen 1743 Meter langen
Tunnel gelangen wir auf die andere Seite des Beskid und begrüßen das gesegnete
Ungarland.
Die Czarnohora. — Das Bild des galizifchen Kettengebirges wäre nur unvoll-
ständig, wenn wir nicht zugleich auch die pokntischen Berge, vor Allem aber die Königin
der galizischen Ost-Karpathen, die imposante Czarnohora kennen lernen würden.
Indem wir nun die Eisenbahn Stryj-Stanislan benützen, bewegen wir uns auf
dieser ganzen Strecke im Gebiete der Salzthonsormation, parallel mit dem Gebirge. Der
fortwährende Wechsel zwischen sanften, bewaldeten Salzthonhügeln und den alluvialen
Thälern der karpathischen Dniesterzuslüsse, die wir auf unserer Fahrt Passiren, sowie der
Anblick der uns begleitenden Bergketten und zahlreicher größerer uud kleinerer Ortschaften
bieten einen sehr anmuthigen Wechsel. Auch die Bahn selbst ist wegen der zahlreichen
Terrainschwierigkeiten, die sie siegreich überwindet, sehr interessant. Starke Krümmungen,
kühne Brücken und Viaducte, Vorkehrungen im Rutschterrain zur Sicherung des Bahn-
körpers gegen den fließenden Salzthon u. s. w., sind auch für den Laien im hohen
Grade sehenswerth.
Vorüber au den Moorbädern von Morszyn, au den freundlichen Salinenstädtchen
Bolechow, Dolina und Kalusz, eilen wir nach Stauis lau , in dessen Umgebung
wir die östlichsten Nebenflüsse des Dniester, nämlich die Schwarze und die Goldene
Bystrzyca übersetzen. Die blühende circa 23.000 Einwohner zählende Stadt, die erst im
XVIl. Jahrhundert von Andreas Potocki, dem Castellan von Krakau, gegründet wurde,
' eilt an uns vorüber. Die Thürme des Rathhauses und der zahlreichen Kirchen grüßen
uns nur von weitem und verschwinden bald in der Ferne, während das Dampfroß
der Lemberg-Czernowitzer Eisenbahn in südöstlicher Richtung dahinbraust. Hinter Ottyuia
passiren wir die Wasserscheide zwischen dem Dniester und der Donau, noch ein Augenblick
und das prachtvolle Gebiet des Prnthslusses, das gesegnete, nach der hiesigen Sprachweise
„mit Honig und Milch fließende" Pokutieu liegt vor unserem entzückten Auge ausgebreitet.
Im Süden erheben sich die mächtigen Bergzüge mit ihren wohlgeformten Gipfeln,
auf deren dnnklem Grnnde hier und da weiße Schneefelder schimmern. Das fruchtbare Thal
au den Ufern des forellenreichen Pruthflufses sieht wie ein sorgfältig gepflegter Garten
aus, dessen üppige Maisfelder, Tabakpflanzungen und Wallnußbäume das wärmere Klima
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch