Seite - 74 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
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verrathen. Zahlreiche Dörfer mit schloß- und villenartigen Herrschaftshöfen und alten Park-
anlagen bringen Leben in das schöne Bild und fesseln unsere Aufmerksamkeit. Inmitten
dieser Ortschaften thront die Hauptstadt von Pokutien, das regsame, reiche Kotomea,
deren Fabriksschlote auf eine blühende Industrie schließen lassen. Der scharfe Petroleum-
geruch verräth schon von weitem die Grundlage dieser Industrie. Sind wir doch in der
Nähe des berühmten Petrolenmbergwerkes von Stoboda rungurska, das bereits
Millionen von Metercentnern dieser kostbaren Flüssigkeit lieferte.
Die 30.000 Einwohner zählende Stadt ist sehr alt, denn sie wurde bereits im
XIII. Jahrhundert von dem Haliczer Fürsten Koloman (Sohn Andreas II., Königs von
Ungarn) gegründet. Gleich den anderen ostgalizischen Ortschaften hatte auch Kolomea
viel von den Tataren, Türken und Walachen zu leiden. Gegenwärtig ist Kokomea ein
wichtiger Handelsplatz für Vieh, Getreide, Holz, Thierfelle, Eier u. s. w. Nicht minder
berühmt ist die hiesige Hausindustrie, vorzüglich in Thon- und feinen geschnitzten Holzwaaren.
Wir verlassen die Bahn und begeben uns zu Wagen durch die Stadt südwärts, um
in das Innere der schönen Berge, die wir von weitem bewundern, zn gelangen. Zwischen
den fruchtbaren miocäuen Hügeln und zahlreichen Ortschaften wandern wir auf der Chaussee
südwärts. Wir lassen zur Linken die Ortschaft Myszyn, berühmt durch ihre reichen
Braunkohlenablagerungen, liegen und kommen hinter Jabtonöw in die Vorberge der
Salzthonformation, wo uns der prachtvolle Rückblick auf die ganze pokutifche Pruthebene
entzückt. Von ausgedehnten duftigen Tannenwaldungen beschattet, nähern wir uns der kleinen
Bezirksstadt Kosöw, deren Lage im Thale des Rybnicabaches zwischen den Vorbergen
und den karpathischen Ketten höchst malerisch ist. Die Vegetation im Thale mahnt an das
Klima der Gegend von Kotomea: wir sehen da Mais und Tabak, Wassermelonen und
Wallnüsse. Gleich hinter Kosöw gelangen wir in das Gebiet des massigen Sandsteins, der auf
dem Berge Kamienista ruinenähnliche Felsen bildet. Durch eine wilde, steinige Schlucht
führt unser Peg nach Jaworöw und von da über einen hohen Sattel in das Thal des
Schwarzen Czeremosz (Nebenfluß des Pruth) und in einer Thalverengung zwischen
zwei senkrechten Wänden, die eine natürliche Pforte bilden, gelangen wir in das Weichbild
der Ortschaft Zabie, des größten Dorfes in Galizien mit 7000 Einwohnern auf 10 geo-
graphische Quadratmeilen.
Wir begrüßen die imposante, fast bis an die Schneegrenze hinanfreichende
Czarnohora, von der einige Gipfel in weiter Ferne hinter den vorgelagerten Bergen
auftauchen, und betrachten neugierig den interessanten Volksstamm dieser Gegenden, die
Huzulen. Auf kleinen, schön gebauten, klugen Pferdchen, die nach ihren Gebietern den Namen
der Huzulen tragen und zu Gebirgstoureu wie geschaffen sind, setzen wir unsere Reise
längs des reißenden Czeremoszflnsses fort.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch