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Wir flüchten uns aus dem Gedränge in den würzigen Tannenwald und irren
planlos durch die Schluchten und Berge umher. In einiger Entfernung vom Kloster
gelangen wir zu der berüchtigten Burgruine Barwald, in der einst während der Regierung
Kasimir des Jagellouiden ein verwegenes Räuberpaar, Herr und Frau Wtodek hauste und
durch längere Zeit den Schrecken der ganzen Gegend bildete, bis es endlich gefangen
genommen und auf Befehl des Königs der Mann mit dem Beil, die Frau mit dem
Scheiterhaufen bestraft wurde.
Einige Kilometer weiter westlich liegt die unansehnliche, aber freundliche Bezirks-
stadt Wadowiee. Eine Zweiglinie der Nordbahn verbindet dieselbe mit Kalwarya
und B iata, wir ziehen aber die Wanderung zu Fuß der Eisenbahnfahrt vor und ergötzen
uns an der lieblichen Landschaft der Vorberge. Wir pafsiren den Skawasluß und kommen
in der Gegend des romantischen Juwa ld an die Jurakalkklippe, die an ähnliche Vorkommnisse
in den Pieninen erinnert. Mit dem Besuch des kleinen industriellen Städtchens Audrych au,
das am Fuße eines altvulkanischen Felsens (Teschenit) gelegen, den Anfang zahlreicher
blühender Ortschaften im Thale des Wieprzbaches bildet, beschließen wir unsere kleine
Wanderung. Aber auch östlich von Kalwarya ist gar manches Interessante zu sehen, vor
Allem die Burgruine Lauekorona, welche sich vier Kilometer östlich vom Kloster ans
einem bewaldeten 550 Meter hohen Berge erhebt. Wir kehren befriedigt zu der Eisenbahn-
linie zurück und eilen weiter gegen Süden. Hinter der Station Kalwarya befindet sich der
Glanzpunkt der ganzen Linie. Um eine unbedeutende Wasserscheide zu überschreiten, windet
sich die Eisenbahn auf zahlreichen Serpentinen über Brücken und Viaduete, durch
Einschnitte und Dämme. Wie in einem phantastischen Traume verdrängt in rascher Folge
ein Bild das andere. Es scheint Alles um uns zu tanzen. Bald sehen wir das Kloster
und die Kapellen zur Rechten, bald zur Linken, bald vorne, bald wieder hinter uns. Von Zeit
zu Zeit erscheint die düstere Ruine von Lanekorona und mit einer Lebendigkeit, die zu ihrem
würdevollen Aussehen gar nicht paßt, bewegt sie sich in raschem Fluge nach allen möglichen
Richtungen, sich bald hinter das Kloster versteckend, bald wieder vor demselben erscheinend.
Die Pracht dieses wunderbaren Kaleidoskopes wird durch die dunklen Tannen, die
weißen Birken mit dem hellgrünen Laubschmuck und durch blumendurchwirkte Wiesen noch
erhöht. Wir gelangen in das anmutige Thal des Skawaflusses und verlassen in der
Station Sncha auf einen Tag die Eisenbahn, um der Königin der westgalizifchen West-
beskideu, der ernsten 1725 Meter hohen Babia-Göra unseren Besuch abzustatten.
Der kleine Marktflecken Sncha der an der Vereinigung des Skawa- und Stry-
szawkabaches gelegen ist und zufolge seiner gesunden und vor Winden geschützten Lage
zahlreiche Sommerfrischler herbeizieht, besitzt nur eine Sehenswürdigkeit, nämlich das
gräflich Brauiekische Schloß mit seiner werthvollen Bibliothek.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch