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Mit Ausnahme des soeben erwähnten Lemberg-Tomaszower Rückens nehmen
hier an der Zusammensetzung der Oberfläche nur die Absätze des ehemaligen Inlandeises
und der jüngeren Allnvien theil, so daß die übrigen, hier spärlich auftretenden Formationen
gar nicht in Betracht kommen. Das Silur baut — wie wir das bald sehen werden — nur
einen einzigen Hügel nahe an der Mündung des Sanslnsses auf. Der obere Kreidemergel
erscheint nur in den tiefsten Einschnitten als die Basis des Ganzen und die Gesteine des
Mioeäns sind theils durch die Bewegung der Eismassen zerstört worden, theils liegen sie
tief unter Glacialsand und Schutt begraben. Sämmtliche andere Glieder der großen, die
Erdrinde aufbauenden Formationsreihe fehlen hier gänzlich. Somit ist es nun leicht
verständlich, daß wir hier eine langweilige Einförmigkeit vorfinden müssen. „Hinter dem
Sande ein Wäldchen und hinter dem Wäldchen wieder Sand" charakterisirt ein polnisches
Sprichwort humoristisch, aber trefflich diese Gegend.
Einige Meilen nordöstlich von Lemberg und östlich von Zotkiew kommen wir in der
Gegend von Kamiouka S t rumi towa in die typische Landschaft des oberen Buggebietes.
Wald und Morast, manchmal auch Sand, das ist der ganze Inhalt dieser flachen Gegend.
Nur ein leidenschaftlicher Jäger entschließt sich weit von der Chaussee in diese beinahe
schwimmenden Wälder einzudringen. Die melancholische Kiefer, die sagenhafte Erle und die
geisterhaft glänzende weiße Birke bilden den Waldbestand. Erst weiter im Westen hinter
Rawa ruska erscheint eine willkommene Abwechslung in einem traurigen und eintönigen
Bilde, nämlich der Lemberg-Tomaszöwer Hügelzug. Zwar verfolgen uns noch immer
auf jedem Schritt und Tritt die Sande und die langweiligen Kieferhaine, zwar sind die
Hügel weder besonders hoch, noch malerisch, aber wir können wenigstens trockenen Fußes
herumgehen uud die Gegend von der Höhe des Rückens überblicken.
Der geologische Bau der Hügel, der in den Wasserrissen und kleinen Bergbauen
aufgeschlossen ist, nimmt nur wenig Zeit in Anspruch. Zu unterst bildet der obere Kreide-
mergel das Liegeude des Ganzen und darauf ruhen die mioeänen Gesteine, hauptsächlich
aber Sande und grünliche Thone, die in mehreren Punkten (Potylicz, Siedliska, Lubyeza)
abgebaut und zur Fabricatiou der Faiencewaaren gebraucht werden. Stellenweise erscheinen
hier kleine Brannkohlenslötze, welche die Grundlage kleiner Kohlenbergbane bilden.
Die interessanteste und das landschaftliche Bild wesentlich beeinflussende Formation
ist das erratische Diluvium. Wir sehen hier Grund- und Stirnmoränen in Gestalt von
Geschiebelehm und Gletscherschntthanfen, lose erratische Blöcke aus Quarzit, Granit, Gneiß,
Diorit n. s. w. — Alles größtenteils finnländischen Ursprunges endlich langgezogene
Sand- und Trümmerhügel.
Nach der Überschreitung des mehrere Kilometer breiten Hügelzuges befinden wir
uns im Gebiete des San- und Weichselflusses. Es ist ein ausgedehntes Senkungsfeld,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch