Seite - 116 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Bild der Seite - 116 -
Text der Seite - 116 -
11V
vorkommen. Fast eine jede solche Ansiedelung hat sich die steinernen Werkzeuge selbst
erzeugt, wobei das nöthige Material öfters aus entfernterer Gegend herbeigeschafft wurde.
Neolithifche Ansiedelungen wurden manchmal ans Anhöhen oder sonst schwer
zugänglichen Orten angelegt und behufs Sicherung gegen feindlichen Überfall mit
Erdwällen umgeben. Dies waren sogenannte Wallburgen. Auch in Galizien fehlt es
nicht an solchen prähistorischen Befestigungswerken, die jedoch bis jetzt noch nicht
gründlich genug durchforscht sind, um sicher beurtheilen zu können, welche darunter der
Steinzeit angehören.
Neben den Wohnstätten der Lebenden bilden die Gräber eine zweite große und
charakteristische Gruppe der Deukmäler aus dieser Periode. Sie sind gemeiniglich zweierlei
Art, Skeletgräber oder Brand- und Urnengräber. Der erstere Typus ist der ältere oder
besser gesagt der älteste in Enropa, Brandgräber erscheinen erst in der zweiten Hälfte
der neolithischen Epoche und sind verhältnißmäßig selten.
In den Skeletgräbern wurden die Todten überwiegend in sitzender, hockender,
manchmal seitlich geneigter Stellung begraben. In ein solches Grab wurden gewöhnlich
Gesäße, wahrscheinlich mit Nahrnng gefüllt, wie anch Steinwerkzeuge gelegt. Das Grab in
Wxgrzce bei Krakau, mit einer großen Steinplatte überdeckt, enthielt ein Skelet, daneben ein
Steinbeil, einen Steinhammer und drei Gefäße, zwei von blumentopfähnlicher, das eine
größere von kugeliger Gestalt. Alle waren mit Reihen horizontaler Stichornamente, welche
mit weißer Masse eingelegt waren, verziert. Gräber von diesem ältesten Typus wurden
auch in der Gegend von Przemysl, nämlich bei Orzechowee und Siedliska bei Erdarbeiten
zu Fortificatiouszwecken entdeckt. Die Skelette fand man in hockender Stellung. In
Orzechowee lag znr linken Seite des Kopfes ein Steinbeil, neben dem linken Fuße eine
Steinaxt, bei den Hüften zwei Schaber und eine knöcherne Spatel. In Siedliska wurden
mehrere solche hockende Skelette gefunden. Bei allen befanden sich steinerne Werkzeuge
und Thongefäße, einige von diesen waren sehr klein. In einem Schädel steckten drei Steine,
wahrscheinlich Bruchstücke prähistorischer steinerner Wurfgeschosse. Ein ähnliches Skelet
in hockender Lage nach links geneigt, mit Steingeräthen, befindet sich seit knrzem im
Dzieduszycki-Musenm in Lemberg.
Zn derselben Gruppe der Denkmäler muß man anch die sogenannten Steinkisten-
gräber, welche ziemlich zahlreich in Galizisch-Podolien (in den Bezirken: Ztoczöw,
Tarnopol, Trembowla, Hnsiatyn, Borszezöw, Zaleszczyki und Buczacz) vorkommen, zählen.
Von den früher beschriebenen unterscheiden sie sich hauptsächlich dadurch, daß die Todten
in hockender Stellung nicht unmittelbar in der Erde, sondern in einer in der Erde aus
natürlichen Steinplatten erbanten Steinkiste beigesetzt sind, und daß das Grab mit einer
großen Steinplatte überdeckt wurde. Bei den Skeletten in den Steinkistengräbern findet man
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch