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Kurgane schon der neuesten prähistorischen Epoche an. In der südlichen Hälfte des am
meisten gegen Osten gelegenen Theiles Galiziens finden wir in 22 Ortschaften Spuren von
ausgedehuteu Urnenfeldern und neolithischen Ansiedelungen, welche mit sehr charakteristisch
beinalten und sehr stark aus reinem Thon gebrannten, in der Hand geformten Gefäßen
ausgestattet sind.
Der Sepuleral-Ritns, dessen sich jenes Volk, welches seine Todten in solchen
Urnenfeldern bestattet hatte, bediente, mußte sehr eigenthümlich gewesen sein, denn in dem
Hauptgefäße des Grabes, das heißt in der in der Mitte stehenden großen Urne, findet
man immer ein kleines Stück von nnverbrannten Knochen als Überrest, welches nach
dem gründlichen Verbrennen der Leiche zu einer wahrscheinlich blos nur symbolischen
Bestattung bestimmt war.
Die ersten Nachrichten, welche den archäologischen Charakter dieser Art von Alter-
thümern genauer zu beurtheilen erlauben, hat G. Ossowski geliefert, welcher in jüngster Zeit
die Urnenfelder in Wafylkowce und Bileze, sowie die große Höhlenwohnnng daselbst wissen-
schaftlich untersuchte. Seine Forschungen in der Höhle Werteba in Bileze haben bewiesen,
daß das Volk, von dem das Urnenfeld mit bemalten Gefäßen herrührt, diese Höhle bewohnte.
Daher besitzt die Höhle Werteba in Bileze und die in ihr erhaltenen Denkmäler eiu hohes
wisseuschaftliches Interesse, zumal die letzteren in fast unberührtem Zustande uns überliefert
sind, da der Haupteingang seit Jahrhunderten verschüttet war. Wahrscheinlich ist dies unter
dem Einflüsse von Natnrkräften geschehen, noch znr Zeit als die ausgedehnte Höhle von ihren
ursprünglichen Einwohnern bewohnt war, welche, infolge eines Naturereignisses eingesperrt,
sich nicht flüchten konnten und ähnlich wie die Einwohner von Pompeji dem Hungertode
zum Opfer fielen. Darauf deutet die große Anzahl von menschlichen Skeletten verschiedenen
Geschlechtes und Alters, welche in den langen, krnmmeu Gängen dieser ungeheuere»
Höhle, zusammen mit einer Menge von typischen, bemalten Gefäßen und verschiedenen
Gerathen lind Werkzeugen, die aus Stein, Knochen oder Horn verfertigt sind, gefunden
wurden (Abbildung S. 119). Es fanden sich hier auch, was das wichtigste ist, Figürcheu
aus Thon geformt vor, welche nackte menschliche, überwiegend weibliche Gestalten darstellen.
Die Bearbeitung dieser Figürchen ist roh und unbeholfen. Beide Füße sind gewöhnlich in eine
Stütze vereinigt, die Hände durch zwei an den Seiten nach oben hervorragende Stäbchen
bezeichnet; der Kopf rundflach, in Gestalt eines Kreisels, hat eine dünn ausgezogene,
abstehende Nase, die Augen sind dnrch zwei Löcher angedeutet. An dem Halse einer Figur
sehen wir eine Art von Halsschmuck (Collier). Alle in der Höhle Werteba gefundenen
Skelette sind langköpsig.
Die Denkmäler der bemalten Keramik in Ostgalizien sind bezüglich der Technik,
ihrer Herstellung, Form und Ornamentationsweise verhältnißmäßig am ähnlichsten den
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch