Seite - 131 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Bild der Seite - 131 -
Text der Seite - 131 -
131
und zu dessen Entstehen neben den einheimischen germanischen Elementen und römischer
Cultur, welche von den Ufern des Baltischen Meeres mitgebracht wurden, auch skythisch-
griechische uud andere nördliche, sogenannte altai-nralische, ferner pannonisch-römische
Muster beigetragen haben. Durch die Wanderungen der germanischen Völker hat sich der
erwähnte Stil in Mittel- und Westeuropa verbreitet und bei seiner weiteren Entwicklung
in verschiedenen Ländern besondere Abarten gebildet, welche unter dem Namen des
merowingischen, irischen, avarischen :c. Stils bekannt sind.
Am Schwarzen Meere, in Bessarabien, Bukowina und Nordungarn hat man viele
Denkmäler dieser Art selbst aus den frühen Jahren dieser Völkerbewegung gefunden. Man
sollte demnach vermuthen, daß auch auf dem Gebiete Galiziens und besonders in dem
östlichen Theile dieses Landes, durch welches in der ersten Hälfte des ersten Jahrtausends
der christlichen Ära so viele Völker zogen, im Schoße der Erde mancher kostbare goldene
Schatz bis auf unsere Tage sich erhalten habe. In Wirklichkeit haben wir für diese ganze
Periode nur zwei Denkmäler ans Galizien zu verzeichnen. Das eine ist ein goldener Finger-
ring (Abbildung S. 136 unten links), gefunden bei dem Dorfe Uöcie bisknpie in der Nähe
von Michatköw am Dniestr, der eine Verzierung in Form einer dreiseitigen Pyramide aus
erbsengroßen hohlen Kügelchen, ein charakteristisches Merkmal der goldenen Erzeugnisse der
nordnngarischen Gruppe des IV. und V. Jahrhunderts n. Chr., trägt. Das zweite bekannte
Denkmal aus der Völkerwanderungszeit ist ein großer silberner Halsring (Torqnes), gefunden
zn Zalesie im Czortkower Kreise, mit einem ähnlichen Ornament von zu Dreiecken grnppirten
Kügelchen (Eigenthum des k. k. Hofmuseums in Wien. — Abbildung S. 136 Mitte unten).
Sogenannte reinslavische Periode. Mit dem Abzüge der Avarennach Ungarn
in der Mitte des VI. Jahrhunderts erreichte für Galizien die Völkerwandernngsperiode
ihr Ende und es folgt die letzte prähistorische, sogenannte rein slavische Epoche, in welcher die
hier angesiedelten slavischen Völker sich selbständig fortentwickeln bis zur Begründung des
Christenthums und zum Eintritt in die Geschichte. Aus dieser Zeit sind uns in Galizien,
ähnlich wie in anderen slavischen Ländern, hauptsächlich zwei Arten von Denkmälern
erhalten: befestigte, mit Wällen umringte Orte, sogenannte Wallbnrgen, nnd Gräber.
Zwar hat man schon seit der neolithischen Epoche Festungen gegründet, indem mau
von Natur unzugängliche, besonders ans Anhöhen und iu Mitte von Sümpfen gelegene
Orte zur Sicherung vor feindlichen Überfällen mit künstlich ansgeschütteten Wällen umgab.
Der größte Theil ähnlicher Wallburgen, deren Spuren wir auf dem Gebiete der slavischen
Länder vorfinden, ist jedoch erst in der letzten prähistorischen Epoche nach der Völker-
wanderungszeit entstanden.
In dieser Periode hat sich auch unter den slavischen Völkern ein besonderer und
charakteristischer Typus der auf der Töpferscheibe hergestellten Keramik ausgebildet,
S*
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch