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sind dabei dem Piasten Aussichten ans die Königskrönung erössuet wvrden, die sich wegen
des baldigen Todes Otto's III. nicht verwirklichen sollten. Sein Nachfolger war nicht
gesonnen, den idealen Aufgaben des Kaiserthums die nächstliegenden Interessen Teutsch-
lands preiszugeben. In den inneren Wirren, welche die Thronbesteigung Heinrichs II.
begleiteten, leistete ihm Bolestaw wesentliche Dienste und glaubte dasiir auf Erkenntlich-
keit rechnen zu dürfen. Bitter enttauscht, fühlte er sich aller Rücksichteu enthoben. Der
Zusammenstoß wurde durch den Kampf um Böhmen eröffnet, welches Bolestaw nach der
Vertreibung der einheimischen Fürsten mit seinem Reiche zu vereinigen suchte. Er wurde
aus Böhmen verdrängt, behauptete aber im Laufe der langwierigen vierzehnjährigen Kriege
seine Stellung als unabhängiger Fürst; viermal gelang es ihm, den Angriffen des Kaisers
siegreich Trotz zu bieten, wiederholt rächte er sich durch Verheerung der Marken, bis er im
Jahre 1018 sich einen ehrenvollen Frieden erkämpfte, indem ihm der Besitz des streitigen
Gebietes, der Lansitz, zuerkannt wurde. Nach dieser Auseinandersetzung scheint er seine
Ansprüche aus die Königskrone, um die er sich während der Kriegsjahre bei dem päpst-
lichen Stuhle bewarb, einstweilen ausgegeben zu haben; erst 1025, nach dem Tode
Heinrichs II., vollzog er die langersehnte Krönung.
Nach dem Frieden von 1018 unternahm Bolestaw einen weiten Kriegszug, der ihm
die Thore Kiews, der reichen Hauptstadt des rutheuischeu Reiches, erschloß. Es galt, de»
Herzog Swiatopolk, der mit der Tochter Boleslaws verheiratet war uud von seinem
Bruder Jaroslaw gestürzt wnrde, in die Herrschaft über das Nachbarland wiederein-
zuführen. Bolestaw nöthigte aber seinen Eidam, den erwiesenen Dienst durch Abtretung
der ezerweuischeu Burgen, eines lechitischen Grenzgebietes, welches im Jahre 981 vou
Wladimir dem Großeu erobert worden war, zu vergelten. In solcher Machtfülle schloß er
seine geschichtliche Laufbahn; sein Reich erstreckte sich von der Ostsee bis an das Waagthal,
von der Elbe bis an den Dnjester, als eine bedeutende Macht, im Juuereu befestigt, von
der Abhängigkeit Teutschland gegenüber befreit, dnrch seine Krönung in die Reihe der
christlichen Königreiche eingeführt.
Bolestaw Ehrobry war auch der Schöpfer jeuer siuuigcu Eiurichtuugeu, welche
den Bestand des Piastenreiches für die Zukuust sicherten. Auf den weiten Gebieten, die
er beherrschte, genügte nicht mehr das Ansehen, welches zn Mieszko's Zeit das herzogliche
Gefolge dem Fürsten verlieh. Die Einrichtung der deutschen Grenzmarkeu scheint ihm als
Vorbild vorgeschwebt zu haben. Den einzelnen Gauen wurden Stellvertreter der
Fürsten vorgesetzt, Grafeu (eoiuiws) oder Eastellaue geuauut, welche die Gerichtsbarkeit
über die Bevölkerung der Eastellanei ausübten, die waffenfähige Mannschaft in den
Krieg führten nnd die neue Ordnung, welche mit dem Christenthum eingeführt wurde,
streng überwachten. Eine Schaar von Kämmerern nnd sonstigen Unterbeamten stand den
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch