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Herrschaft über die Gebiete Großpolen, Schlesien, Mazowien und Knjawien festsetzten
und die wiederholten Landestheilungen nnr einen weiteren Zerfall der Theilfürsteu-
thiimer herbeiführten, gelang es keinem Zweige der Dynastie sich im Besitze von
Krakau dauernd zu behaupten. So wurde das Krakauer Gebiet zu einem Zankapfel der
ehrgeizigen Theilfürsteu, welche die inneren Parteinngen unter der Landesritterschaft
benutzten und in den Reihen derselben Beziehungen anzuknüpfen suchten, um sich einen
Anhang zu bilden und im günstigen Augenblick mit Hilfe desselben die Herrschaft über
Krakau zu erlangen.
In den Dreißiger-Jahren des XIII. Jahrhunderts erkämpfte sich die älteste schlesische
Linie der Piasteu durch bedeutende Gebietserweiterungen den Vorrang. Heinrich der
Bärtige, Herzog von Schlesien, bemächtigte sich Krakaus und eroberte den ganzen
westlichen Theil von Großpolen an dem linken Ufer der Warthe; so begründete er eine
Hausmacht, welche schwer auf den übrigen Fürstenthümern lastete. Sie ging ungestört auf
seinen einzigen Sohn Heinrich den Frommen über; die Fürsten der mazowischen und
der großpolnischen Linie, die noch mit Heinrich dem Bärtigen im Kampfe gestanden,
wagten es nicht mehr, seinem Erben die Herrschaft über Krakau uud Posen streitig zn
machen. Diese gebieterische Stellung der schlesischen Piasten war mit ernsten Gefahren
für die nationale Entwicklung Polens verbunden. Sie stammten nämlich von jenem
Wladyslaw, dem ältesten Sohne Boleslaws III., der, von seinen Brüdern vertrieben,
den Rest seines Lebens in Deutschland verbracht hatte; die Tradition ihrer Familie,
durch Verschwägerung mit den Reichsfürsten aufrecht erhalten, verband sie eng mit
Deutschland. Gerne eröffneten sie ihr Land deutschen Ansiedlern, deutsche Ritter
faudeu freundliche Aufnahme an ihren Höfen. In derselben Zeit, als die deutsche Kaiser-
politik ihre Pläne auf Polen völlig aufgegeben hatte, waren die polnischen Länder unter
der Vorherrschaft der schlesischen Piasten der friedlichen Eroberung des Deutschthums
erschlossen; das Schicksal, welches das stammverwandte Obodritenland unter seinen
einheimischen, dem deutschen Einflüsse ergebenen Fürsten erlebte, schien auch Polen
beschieden zu sein. Zn gleicher Zeit setzte sich auch der Deutsche Orden, von Herzog
Konrad von Mazowien zum Kampfe mit den heidnischen Preußen berufen, an den nord-
östlichen Grenzen Polens fest (1228). Augenblicklich noch vollauf durch die Eroberung
Preußeus in Anfprnch genommen, sollte der Ordensstaat bald zu einer für die nationalen
Interessen Polens gefährlichen Macht heranwachsen.
Die Vorherrschaft der schlesischen Linie war aber nur eine vorübergehende Erscheinung,
ihr Sturz wurde durch deu ersten Einfall der Mongolen herbeigeführt. Am 9. April 1241
fiel Heinrich der Fromme in der blutigen Schlacht bei Liegnitz, nnd nach feinem Tode
zerfiel die durch seinen Vater begründete Hausmacht. Seiue Söhne vermochten sich weder
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch