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auf Halicz-Wladimir ausweisen; denn die alte Herrschaft Polens in dem Czerwenischen
Lande war vergessen, wogegen ungarische Königssöhne nicht sehr lange vorher den Thron
von Halicz innegehabt hatten und ungarische Könige seit langer Zeit und auch jetzt noch den
Titel: „König von Galizien und Lodomerien" gebrauchten. Das Land wnrde somit als zu
Ungarn gehörig auerkauut, aber der König von Ungarn schenkte es dem König von Polen
für dessen Lebzeiten; sollte der letztere noch einen Sohn bekommen, so füllt das Land nach
seinem Tode an Ungarn zurück, nur würde Polen in diesem Falle eine Geldentschädigung
erhalten. Kazimir von Polen mußte schon damals jede Hoffnung auf einen Sohn verloren
haben, denn nur durch die Voraussicht der künftigen wirklichen und ewigen Bereinigung
der beiden Kronen war es erklärlich, daß er auf diesen Vertrag einging.
Aber der Vertrag war geschlossen, als Boleskaw verschied. Kaum war daher die
Nachricht davon eingetroffen, als sich beide Könige nnverweilt mit den Truppen, die sie
wohl gegen die Tataren bereit hatten, gegen Rothrnthenien aufmachten. Kazimir als dem
Näheren gelaug es Lemberg zu überrumpeln und das Land, wahrscheinlich gemeinsam mit
Karl, in Besitz zu nehmen (im Mai 1340). Aber nuu erst begann der eigentliche Kampf
sowohl mit den Bojaren, als mit den Tataren und Lithauern, ein hartnäckiges, von vielen
Wechselfällen begleitetes Ringen, in dem sich die verbündeten Könige bald einem Bojaren,
Demetrius Detko von Przemysl, die Regierung des Landes zu überlassen, bald Theile
desselben dem Lnbar t -Demetr ins von Lithauen abzutreten gezwungen sahen, bis es
erst «ach 26 Jahren, als auf dem Thron von Ungarn schon längst Karls Sohn Ludwig
saß, gelang, das ganze Lemberg-Haliczer Land und die westliche Hälfte Wolhyuieus iu
dauernden Besitz zu nehmen.'
Seit 1340 hat Rothrnthenien seine Selbständigkeit nicht wieder erlangt. Es gehörte
zunächst zu Polen, bei dem es bis über den Tod Kazimirs hinaus, bis zum Jahre 1372,
verblieb. Es war ein Glück für das Land, daß seine Einverleibung unter Kazimir statt-
fand, dem hnmanen Städte-Erbauer und Bauernkönig, dessen edle Sorgen um die
materielle und geistige Hebung des Volkes nun auch der neuen Erwerbung zugewendet
wurden. Ungeachtet des fast ununterbrochenen Kriegszustandes wurde im Lande eifrig
gepflanzt, gerodet, gebaut, gearbeitet; viele neue Dörfer und Städte entstanden, die alten
wurden mit dem Magdeburger Recht beschenkt nnd mit Mauern und Schlössern versehen,
deren Trümmer noch jetzt zu sehen sind. Dabei wurde nur wenig an der althergebrachten
Art, der Schrift und Sprache geändert; die Einheimischen wurden mit Ämtern und
Würden bekleidet, die Bojaren an den Hof gezogen, die Bevölkerung durch Gnaden mit
' Die dem Herzog Lubart-Demetrius zugeschriebene und hier abgebildete Glocke vom Jahre 1341 trägt (in deutscher
Übersetzung) folgende Inschrift: „Im Jahre K849 wurde diese Glocke gegossen dem heiligen Georg unter dem Fürsten Demeter von
dem Abte Euphemius"; unten wurde eingegraben: „und geschrieben hat Skora Jakob".
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch