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doch wurden sie im Jahre 1439 auf's Haupt geschlagen, wodurch die stramme Regierung
des Olesnicki noch an Ansehen und Kraft gewann.
Gleichzeitig mit dieser inneren Frage spielte sich in Lithauen eine zweite nicht
minder wichtige ab. Das in der Schlacht von Tannenberg gemeinsam vergossene Blut
knüpfte Polen und Lithauen enger aneinander und das Nachspiel dieses Ereignisses bildete
eine Zusammenkunft der polnischen und lithauischen Großen, welche im Jahre 1413 in
Horodto zustande kam. Es wurde dort ein dauernder Bund zwischen Polen und
Lithauen, die sogenannte Union von Horodto, geschlossen, kraft dessen man sich gegenseitig
verpflichtete, immer iu gemeinsamem Einverständnisse den König von Polen, beziehnngsweise
den Großfürsten von Lithauen zu wählen lind gemeinsame Versammlungen abzuhalten. Um
eine vollkommene Parität der beiden das Bündniß abschließenden Theile zu erzielen, mußten
aber die lithauischen Bojaren den polnischen Großen gleichgestellt werden. Dies erfolgte
durch eine Adoption der lithauischen Bojaren von Seite der angesehensten polnischen
Adelsgeschlechter, wodurch auch die dem polnischen Adel zukommenden Freiheiten und
Privilegien wenigstens ans die oberste gesellschaftliche Classe in Lithauen ausgedehnt wurden.
Diese Wohlthat kam aber nur den als Katholiken getauften Lithauern zustatten; die
ruthenischeu Bojaren und Fürsten blieben als Schismatiker davon ausgeschlossen, was wohl
dem Geiste jener Zeit entsprach, aber die Kluft zwischen dem lithauischen und rutheuischen
Elemente erweiterte. Im Jahre 1430 starb Großfürst Witold, welcher besonders in
seinen letzten Lebensjahren dnrch seine Gelüste nach Selbständigkeit den Polen mannig-
fache Verlegenheiten bereitet, jedoch die Zügel der Regierung mit starker Hand gelenkt
und die widerspenstigen Elemente durch sein Ansehen im Zaume zu halten verstanden hatte.
Zu seinem Nachfolger in Lithauen wurde der unruhige Bruder Jagiettos, lswidrygieito
erkoren, der sich sofort auf die Seite der Rutheuen neigte, mit dem Orden ein Büudniß schloß
nnd Polen mit der Losreißung Lithauens bedrohte. Um dieser Gefahr zu begegnen, stellten
die Lithauer den Bruder Witolds, deu Fürsten Sigismund, als Gegenkandidaten auf, welcher
die Union mit den Polen bekräftigte, und die in Polen regierende Hierarchie ging ihrerseits
soweit, daß sie auch den schismatischen Ruthenen politische Gleichberechtigung versprach.
Als auch dies nicht half, kam es zur Schlacht bei Wilkomierz im Jahre 1435, iu
welcher Awidrygietio mit feinen Anhängern besiegt wurde und sich mit dem Theil-
fürstenthum Wolhynien nnter lithauischer Oberhoheit begnügen mußte. Die im Jahre 1439
iu Florenz geschlossene Union zwischen der abendländischen und der orientalischen Kirche
erleichterte aber den Polen die vollständige politische Gleichstellung der Ruthenen, welche
mittelst eines Privilegiums des Königs Ladislaus III. im Jahre 1443 erfolgte.
Während auf diese Art die inneren Fragen einer glücklichen Lösung zugeführt wnrden,
tauchten au dem Horizonte der polnischen Politik neue, großartige Pläne ans. Die ganze
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch