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Dieser Rückschlag war aber nur von kurzer Dauer. Der regierende Kronrath, jetzt
gewöhnlich Senat genannt, führte die Staatsgeschäfte sehr unbeholfen, was besonders in der
Vertheidigung der östlichen Provinzen gegen die Einfälle der Tataren zum Vorschein kam.
In den weiten Schichten des Landadels wurde der Wunsch immer lauter, der König möge
zurückkehren und die Regierungsgeschäfte persönlich übernehmen. Der König kehrte denn
auch zurück und setzte auf den Reichstagen von 1504 und 1505 eine gründliche Reform
des polnischen Staatswesens dnrch. Die Coinpetenz der obersten Staatsämter wnrde genau
bestimmt, das Privilegium von Mielnik abgeschafft, die Coinpetenz des Landtages auf die
Änderung der Gesetze uud Auferlegung von Steuern beschränkt. Die ganze Exeentivgewalt
verblieb somit bei dem Könige. Der Urheber dieser Reform war der Unterkanzler Johann
Laski, ein Mann von großer politischer Thatkraft und weiter Umsicht. Mit Moskau wurde
ein Waffenstillstand geschlossen; die Tataren,
welche einen großen Einfall nach Lithauen unter-
nommen hatten, wurden von Michael Glinski bei
Kleek vollständig aufgerieben.
Nach dem unerwarteten Tode Alexanders
im Jahre 1506 kam sein Bender S ig i smund
an die Reihe. Während dessen langjähriger
Regierung (bis 1548) gelangten jene Keime zu
vollständiger Entwicklung, welche bereits in der
zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts auf-
gesprossen waren. Der durch die Eröffnung des
äußern Exportes gehobene Ackerbau bewirkt
einen gewaltigen Umschwung in den Sitten und
in der Lebensweise des Volkes. Der Adel, welcher früher zwar auf dem Lande ansäßig,
aber fast ausschließlich auf die von den Bauern entrichteten Zinse angewiesen war und sich
nur um das Ritterhandwerk kümmerte, bleibt jetzt bei diesem nur in der Theorie, wird aber
in der Praxis zu einer friedliebenden, ackerbautreibenden Classe. In allen Dörfern entstehen
neben den bäuerlichen Besitzungen besondere Gutsbesitze, welche von den Gutsherren auf
eigene Rechnung bebant und verwaltet werden. Den Grundstock dieser Gebiete bilden die alten
Schnlzenhöfe, welche überall abgekauft und durch Rodung der Wälder und Urbarmachung
von brach liegenden Fluren bedeutend vergrößert werden. Doch dem Gutsherrn fehlt es
noch an Arbeitskräften, welche zur Zeit der Ernte sehr hoch zu stehen kommen. Da zögert
der Adel nicht, das politische Übergewicht, das er auf den Reichstagen gewonnen hat,
in wirthschaftlicher Beziehung auszubeuten. Vom Jahre 1496 an folgen nacheinander
Reichstagsbeschlüsse, welche die Freizügigkeit der Bauern vollständig aufheben und den
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch