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Die Legende nennt diese gottesfürchtige Königin die Veranlasserin der Entdeckung der
berühmten Salzbergwerke in Wieliczka und Bochnia, zum Theil auch als die Beschützerin
des Volkes zur Zeit des ersten Einfalles der Tataren in Polen (1241). Eine dieser Legenden
erzählt, daß die Königin, welche später das Kloster der Clarissinnen in Alt-Sandec gründete
und dort als Nonne starb, mit dem armen Volke vor den sie verfolgenden Tataren nach
Ungarn hinüber floh.
Zu den Bergmannssagen gehört auch die Sage von dem im Bergwerke von
Wieliczka verschütteten Knappen. Sie ist ein Beweis von der tiefen Frömmigkeit, durch
welche sich die Bergleute von Wieliczka und Bochnia immer ausgezeichnet haben und ist
zugleich auch geeignet, uns vom Standpunkt der Geschichte aus zu interessiren. Die
Lehrmeister der polnischen Knappenschast waren Deutsche gewesen, und so ist auch die
Sage, von welcher wir berichten wollen, mit der ursprünglich deutschen Familie der Bonar
verknüpft. In jenem Theile der Stadt Krakau, welcher der Kazimierz (Kazimir) genannt
wird, steht die Kirche der heiligen Katharina, ein bewunderungswürdiges, von König
Kazimir dem Großen (1333 bis 1370) im gothischen Style errichtetes Bauwerk. In dieser
Katharinenkirche auf dem Kazimierz befindet sich ein wunderthätiges, auf eine der Wände
gemaltes Frescobild Christi des Erbarmers, und nahe an diesem ein ähnlich ausgeführtes
Bild Mariä vom Troste. Die Geschichte dieser Bilder ist mit dem Leben des Jesaias
Bonar verknüpft, welcher in Krakau im Jahre 1380 geboren, ebenda im Jahre 1471
gestorben und in der Katharinenkirche beigesetzt worden ist, wo sich bis auf den heutigen
Tag sein Grabmal befindet. Die angesehene Familie der Bonar, auch Boner genannt,
war aus deutschen Landen, wahrscheinlich aus den Niederlanden nach Polen gekommen.
Zu König Kazimirs des Großen Zeiten war sie schon in Polen ansässig, hatte im Krakauer
Gebiete zahlreiche Besitzungen nnd war durch verwandtschaftliche Bande mit den vornehmsten
Familien des Landes verbunden. Der seliggesprochene Jesaias war ein Sohn Florian
Bonars und der Bronistawa de Brzezie Lanckoronska. Seine Universitätsstudien vollendete
er im Jahre 1406 in Krakau, erhielt den Doctorgrad und trat darnach in den Orden der
Augustiner am Krakauer Kazimierz ein, wo er ständig verblieb. Er stand im Rufe großer
Heiligkeit, tiefer Gelehrsamkeit und einer mächtigen Beredsamkeit. Dies war auch Ursache,
daß er an der polnischen Gesandtschaft bei dem Concil zu Constanz theilnahm, wo er die
Lehren Johann Hus' bekämpfte und die Gattin eines Constanzer Bürgers, eines gewissen
Johann Körner, von der Ketzerei bekehrte. Er hat auch ein lateinisches Werk religiösen
Inhaltes hinterlassen, dessen Handschrift im Jahre 1556 in Krakau verbrannte; doch soll
es in den Augustinerklöstern Deutschlands vielsach verbreitet und sehr geschätzt gewesen sein.
Dieser Mönch war es eben, welcher die Ausführung jener beiden Gemälde in der
Katharinenkirche veranlaßte, deren wir oben Erwähnung thaten und welche später als
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch