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Den Hagel spalten die Planetiden aus dem Eise, das sie aus dem Eismeer in die Wolken
führen. Ehemals stießen die Planetiden dieses Eis in der Stampfmühle, allein mit der Zeit
erfanden sie den „Perler", eine Maschine, mittelst welcher ihnen die Arbeit rascher und
besser gelingt. Die Planetiden altern in den Wolken, so wie die Menschen auf der Erde;
von ihrem Tode jedoch wissen die Volksüberlieferungen nichts zu erzählen. Die Planetiden
können den Landwirth vor Hagelschaden schützen; auch können sie Eis und Hagel im
Handumdrehen bereiten, indem sie das Wasser irgend eines Teiches oder Sees frieren
machen. So erzählt man z. B., daß ein an der Raba wohnender Bauer einmal „Reißen"
in den Füßen hatte. Er wendete „alles" dagegen an, allein nichts half. Da rieth ihm jemand,
er solle in die Berge gehen und dort im „Meerauge" seine Füße baden. Er ging hin, setzte
sich an das User und tauchte die Füße ein. Da kommen ein paar bärtige Kerle in zerrissenen
Kitteln, mit ungeheuren Stöcken bewaffnet, herbeigelaufen — wie die Räuber. „Was machst
Du da?" rufen sie, da sie den Bauer erblicken. „Was sollt' ich denn machen," sagt er, „in den
Füßen reißt's mich und ich bade sie." „Gleich nimm diese Füße aus dem Wasser," rufen
sie, „denn es wird ein Frost kommen, der würde sie Dir einfrieren machen." Erschreckt zog
er die Füße aus dem Wasser und wartete, was weiter geschehen würde. Die Planetiden aber
umkreisen einmal nach dem andern das „Meerauge" und rufen dabei: „Holla! holla! holla!"
und so oft sie das rufen, so oft schlagen sie mit ihren Stöcken ins Wasser. Im Nu war schon
dickes Eis über das ganze „Meerauge" gebreitet. Die Planetiden zerschlagen dieses nun
mit ihren Stöcken, nehmen Stücke davon heraus, legen sie in die Stampfe und auf den
„Perler" und verarbeiten sie zu Hagel. Der Bauer, welcher, da sie ihm weiter nichts gesagt
hatten, Muth bekommt, fragt die Planetiden, wozu sie das thun. Er erfährt mit Schrecken,
daß sie vorhaben, sein Dorf durch Hagelschlag zu bestrafen, weil dort eine Magd ihr Kind
auf freiem Felde und nicht in geweihter Erde begraben habe. Nun fängt er an, die
Planetiden anzuflehen, sie mögen doch wenigstens seine Felder verschonen, da er arm und
krank und zur Arbeit untauglich sei. Nach langem Bitten ließen die Planetiden sich endlich
erweichen, hießen ihn aber so schnell als möglich in sein Dorf zurückkehren und an allen
vier Ecken seines Feldes Lindenzweiglein einpflanzen. Kaum war der Bauer in sein Dorf
zurückgekommen und hatte es so gemacht, als auch schon ein furchtbares Unwetter ausbrach
und der Hagel bis aufs Letzte alles zerschlug; nur sein Feld blieb unberührt.
Zu den Geistern, welche auf der Erde leben oder in gewissen Augenblicken erscheinen,
müssen außer den schon erwähnten „Ertränkern", den „Wunderweibern", den
„Mit tagfräule in" und „Mamonen", welche man auch „kleine Göt t innen"
(Lo^inki) oder „Teufelinnen" nennt, den „Trnden" und dem „Alten" noch die
„Schrecken" (Stracky) aller Gattungen gerechnet werden. Dazu gehören natürlich vor
allem die „Teufel", aber auch der „Tod" und die „Büßerseelen".
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch