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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Seite - 306 -
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306 Die Hausmütter sind vom frühen Morgen an mit Kochen und Backen für die Abendmahlzeit beschäftigt. Wenn die Dämmerung eintritt, sind sie mit allem fertig. Nnn tritt der Hauswirth mit einem Bündelchen Heu und einer kleinen Garbe Weizenstrvh in die Stube. Bei seinem Eintritt sagt er: „Gelobt sei Jesus Christus!", worauf die Haus- genossen antworten: „In Ewigkeit, Amen." Darauf bringt er aus jeder Getreidegattung ein wenig vom Schönsten seiner Fechsnng in Halmen und Körnern herein, und die Hausfrau breitet dieses Getreide und dieses Heu auf dem Tische aus, den sie dann mit einem weißen Tischtuche bedeckt. Sodann legt sie einen Laib Brod und Oblaten darauf, mit welch letzteren sie der Küster schon früher für einige Tage versorgt hat. Die Kinder schauen jeden Augenblick bald zum Fenster hinaus, bald laufen sie in den Hof, um zu sehen, ob sich der erste Stern noch nicht am Himmel blicken läßt, denn das Auftauchen des ersten Sternes ist das Signal zum Beginn des Abendmahles. So wie dieses beginnt, tritt im Hause lautlose Stille ein. In tiefer Sammlung knieen nun der Hausvater und die Mutter, die Kinder, die Dienstleute und wer sonst noch da ist, nieder und beten das Vaterunser, wo noch der Hauswirth gewöhnlich hinzufügt: „Großer Gott! ich danke Dir auch, daß Du gestattet hast, daß wir diesen heiligen Abend erleben, und ich bitte Dich, Du mögest uns in diesem kommenden Jahre Glück und Segen verleihen." Nachdem er aufgestanden, nimmt der Hausvater eine geweihte Oblate vom Tische, bricht sie mit der Frau, den Kindern und allen Hausgenossen nacheinander und bringt dabei einem jeden seine Wünsche dar; an manchen Orten spielt sich dieser Vorgang ohne Glückwünsche, unter andächtigem Schweigen ab. Wenn irgend jemand aus der Familie fehlt, so unterläßt man nie, seiner mit Bedauern, ja oft unter Thränen zu gedenken. Sodann bringt die Hausfrau die Gerichte auf den Tisch, alle setzen sich um denselben herum und es beginnt die Vigilien-Mahlzeit, die man ganz richtig „Postnik", Fastenmahl, nennt, da alles nach den strengsten Fastenvorschriften ohne Butter, ja sogar ohne Milch, nur mit Ol zubereitet ist. Der Gerichte sind nicht wenig, da der Sitte nach nichts von allem dem fehlen darf, was man in der betreffenden Gegend das ganze Jahr hindurch an Speisen genießt. Der Hausherr segnet jedes Gericht, das man aufstellt, und nimmt den ersten Löffel voll davon. In manchen Gegenden sagt er, indem er den ersten Löffel ausfaßt: „Komm' Wölflein, mit uns faste, komm' Bettler, iß und raste." Der Wolf ist natürlich nicht fürs Fasten eingenommen; es spricht daher der erste Vers den Wunsch aus, daß durch den Wolf kein Schaden geschehe. Der zweite Vers bezieht sich auf den alten Brauch, da man zur „Wilia"-Mahlzeit auch die Bettler einlud, was auch heutzutage, wenn auch nicht immer aus Gutherzigkeit, jedoch der alten Sitte halber noch vorkommt. An der Mahlzeit muß vor allem eine gerade Zahl von Tischgenossen theilnehmen, sonst würde Einer von ihnen das nächste Jahr nicht erleben. Wenn also Einer zur
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Band 19
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Galizien
Band
19
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1898
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.48 x 22.34 cm
Seiten
920
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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