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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Seite - 308 -
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308 tauchen mit den Händen bis an den Boden. Welche von ihnen ein Stück Leder herausfischt, deren Gatte wird ein Schuster sein; ein Nagel kündet einen Schmied an, ein Stück Holz einen Tischler, ein Klumpen Erde den Landwirth. Übrigens ist es für Jeden gut, nach der Abendmahlzeit ins Freie hinaus zu gehen und gegen die Berge und Wälder hin zu hauchen, ans diese Weise schützt man sich vor Halsschmerzen. Inzwischen hat der Hauswirth mit den Knechten Strohseile bereitet. Er ergreift ein Beil, die Bursche nehmen die Seile und alle begeben sich zu den Obstbäumen. Nun gehen sie der Reihe nach von einem Baum zum anderen. Bei welchem sie stehen bleiben, an den schlägt der Bauer dreimal heftig mit dem Beile an und spricht dabei: „Ich fälle dich, weil du nicht tragen willst." Die Bnrsche antworten bittend: „Oh fällt ihn nicht, fällt ihn nicht, denn er wird noch tragen." „Wenn es so ist" — sagt der begütigte Bauer — „so ist's gut" und er umwindet den Stamm mit dem Strohbund; dieser bleibt nun darauf, bis er von selbst herunterfällt. Wer nun nach der Vigilie des Weihnachtsfestes durch ein polnisches Dorf kommt, der kann leicht solcher- gestalt bekränzte Bäume erblicken. Auch die Thiere sollen fühlen, daß heute Vigilie ist; darum erhalten sie znr Nach- fütterung, was es nur Bestes für sie gibt. Die Pferde, welche gewöhnlich Hen nnd Häckerling bekommen, haben diesmal mehr davon und noch obendrein Hafer erhalten; die Kühe reichlicheres und besseres Grünfutter, sogar die Schweine bekommen ihren Fraß mit Körnerfrucht vermengt. Die Thiere sprechen in dieser Nacht in menschlicher Sprache miteinander; man könnte da viele merkwürdige Dinge von ihnen erfahren, allein das Belauschen ist gefährlich. Ein Bauer hatte sich, ohne vom Vieh gesehen zu werden, unter eine Krippe gelegt, um zu horchen. „Wir werden" — sagten die Ochsen zu den Kühen — „bald eine schwere Arbeit haben." „Was für eine denn?" fragten die Kühe. „Fragt doch nicht danach" — antworten die Ochsen — „wir werden unseren Bauer auf den Friedhof hinausführen." So geschah es auch, denn am nächsten Tage war der Bauer gestorben. Doch geht man nach der Bekränzung der Bäume von einer Stallthüre zur anderen, schlägt überall dreimal stark an und stellt gewisse Fragen. Die Schweine werden gefragt, ob das Jahr reich an Eicheleckern sein wird, das Hornvieh fragt man, ob es viel Gras geben wird, die Pferde, ob „wir auf eine Hochzeit fahren werden". Wenn sich die Thiere im Stalle bewegen, so ist das ein günstiges Zeichen; das allergünstigste wäre es aber, wenn das Schwein grunzen, der Ochse brüllen, das Pferd wiehern würde. Auf diese Weise ist nun auf dem Hofe schon alles abgemacht, und bleibt höchstens noch übrig (wenn dies nicht schon vor dem Abendmahl geschehen), alles herunterzunehmen, das etwa in der Luft hinge und schwer an Gewicht wäre; denn an einem so hohen Feste wie das Weihnachtsfest, soll auch gar nichts arbeiten und nichts beschwert sein. Die Gewichte der Uhr müssen abgenommen werden, der Brunnenschwengel, wenn er frei hängen sollte,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Band 19
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Galizien
Band
19
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1898
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.48 x 22.34 cm
Seiten
920
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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