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Euch werd' gebor'n
Wie ein Trog das Korn,
Der Weizcnschoß,
Wie ein Fäustling groß,
Die Bohnenrippe Wie 'ne Futterkrippe,
Der Hafer rund
Wie ein Eimer und
Der Lein so stramm
Wie ein Eichenstamm/
Nachdem sie die Brode erhalten haben, folgt die Danksagung in der Form eines
Glückwunsches zum neuen Jahr.
Am Dreikönigstage wird in der Kirche die Einweihung der Kreide, des Weihrauchs
und der Myrrhen vorgenommen. Nach dem Gottesdienste schreibt man mit der geweihten
Kreide auf alle Thüren der Bauernhöfe die Anfangsbuchstaben der drei Könige und setzt
das Zeichen des Kreuzes darunter. Hier und dort zieht man auch mit der Kreide eine
„Kette" um das ganze Haus herum, damit das „Böse" keinen Zutritt habe. Auch Myrrhen
und Weihrauch schützen vor dem Bösen, dienen zum Beräuchern des Viehes, ehe man es
anf die Weide treibt und als Arzneimittel etwa gegen plötzlichen Schreck.
Der zweite Februar (Maria Lichtmeß) heißt das Fest der „Muttergottes von
den Kerzen", da an diesem Tage das Weihen der großen Wachskerzen vor sich geht,
welche man Kroinniee nennt, da sie, zur Zeit eines Gewitters angezündet, vor
Wetterschlag (<Zrom) schützen. Man legt sie auch Sterbenden in die Hände. Wenn man
eine solche geweihte Kerze in einen kleinen Kübel befestigt, sie anzündet und in ein
fließendes Wasser läßt, so kann man leichter als sonst einen Ertrunkenen auffinden;
Kühen, welche mit einer Krvmmea beräuchert wurden, kann eine Hexe nicht beikommen.
Nach dem Feste der „Muttergottes von den Kerzen" wird das Umherziehen mit dem
l'orun, der Krippe und dem Stern und jegliches Kolendiren eingestellt.
Der Carnev al (^apust?), auch Mtzsopust?' und Ostatki (Überbleibsel) genannt,
wurde ehemals sehr geräuschvoll begangen: „Wenn schon Fasching ist," sagte man, „dann
ist Fasching: 'rein mit zwei Speckseiten ins Kraut, Weib!" Man bewirthete einander
in den Häusern reichlich mit Speck und Würsten, in den Schenken trank man auf Tod und
Leben und tanzte „zum Umfallen". Welche Hausfrau im Fasching nicht tanzte, der gedieh
dann weder der Hanf, noch der Lein. Das waren kostspielige und fast immer Ärgeruiß gebende
Dinge. Der heutige Carneval hat keine Ähnlichkeit mehr mit dem einstigen. Sehr selten
sieht man heutzutage die sogenannten Lekus? (Bachnse), welche noch vor dreißig Jahren
so allgemein waren. Es war dies ein Trupp von jungen Leuten in seltsamen Verkleidungen:
darunter ein Bettler, ein Jude, ein Türke, ein Weib, ein Fräulein, ein Drahtbinder, ein
Zigeuner mit einer Zigeunerin, der Teufel und der Tod; dazu eine ganze Hochzeit sammt
den Musikanten, ein Gendarm mit einem Dieb, ein Seqnestrator mit einem Polizeibeamten
' Ungefähr Fleisch-Ausgelassenheit, von 5li?so — Fleisch und xuscic — loslassen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch