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Rosenfarbe hineinspielte. Zwischen diesen Schüsseln standen Figuren vvn köstlichem Teige
bereitet, welche seltsam knrzweilige Geschichtchen darstellten. Da zag z. B. Pontius Pilatus
dem Mohammed Würste ans der Tasche heraus; nnd es ist doch bekannt, daß Juden nnd
Türken kein Schweinefleisch essen, das war also ein lustiges Epigramm ans sie. In der
richtigen Mitte auf dem Tische, da stand ein wnnderschönes Lämmchen aus Butter, vvu
der Größe eines natürlichen Schäfchens; ich aber hätte alles, was ans dem Tische war,
gerne für seine Augen gegeben, deuu es waren das zwei Brillanten, so groß wie die
Haselnnsse nnd in schwarzer Fassung, nämlich es wareu Ringe, die in der Butter also
versteckt waren, daß nur zu sehen war, was die Augen darstellte. Dieses Läminchen, dessen
Wolle aus Butter von der wirklichen gar nicht zu unterscheiden war, hatte Jungfrau Agnes
selbst mit ihres Baters Hilfe kunstreich verfertiget. Der Herr Hetmann hat es lange
betrachtet; aber was bedenten ihm denn die Brillanten, dieweilen er deren einen vollen
Griff an seiner Karabela besitzt? Nur die Arbeit war es, die ihm wohl gefiel, da er dann
nicht viel aß, sondern nur immer darans und auf die wohledle Jungfrau Agnes hinschaute.
Der Alte rückte mehrere Male seine Karabela zurecht, was bei uns bedeutet, daß er
zufrieden ist und voll Affecten. — Weiterhin haben silberne vergoldete Krüglein mit
Essig und Öl gestanden, nnd vier große Kannen mit altem Meth gefüllt standen auf
silbernen und vergoldeten Brettern, von ebenfalls vergoldeten Kelchen umstellt. Weiters
waren da silberne Schiffchen mit Coufect von jeglichem Obst, das nnr der Herr hat im
Lande gedeihen lassen; alles dieses aber war von der wohlehrbaren Jungfrau Agnes im
Herbste eingekocht worden, denn dieses allerliebste Kindchen gleicht einem Bienchen, das
bei Zeiten für alle Bedürfnisse vorsorget. Da stand auch Wein in Karaffen, die freilich von
Glas waren, aber sie standen in silbernen, vergoldeten Körbchen und hatten in silberne
Schrauben passende Köpfchen und das Glas war rein wie Schnee und vvn herrlich glattem
Schliffe. Ich übergehe andere kleinere Dinge dieser Art, denn es ist schon Zeit an die
allerwichtigsten heranzutreten, daran auch Ihr, Herzallerliebste, nicht wenig Gefallen
findet, das ist an die Kuchen, Plätzchen, Eierkuchen, Mohnflecken nnd alles Gebäck von
Gott weiß was für Namen, die seltenen Dinglein, welche den großen Hauptknchen
umgaben. Dieser war von ovaler Form nnd hatte einen Umsang vvn acht Ellen, wenn
nicht mehr. Eine Höhe hatte er vvn zwei Schuh, und als »vir in die Stube traten, da hat
er uns schon mit seinen Gewürzen entgegen geduftet. An seinen Rändern standen
verschiedene Figürchen: die zwölf heiligen Apostel, so schön gebildet, wie wenn sie lebten,
alles aus Teig gemacht, der Judas hat mich sehr erlustieret. Erinnert sich Ener Liebden
Salnsia an jenen Herrn Gietbatowski, an jenen schändlichen Roßtäuscher, der mir für
meine trächtige Stute einen blinden Klepper angehängt hat, und mir bei Gott geschworen,
daß er gar keinen Defect hat nnd der mich dabei küßte? Ganz genan ein solcher Fnchsbart
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch