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dann werden sie dreister. Jas' hat ihr das Gold und das Silber und das noch viel
kostbarere Kränzlein abgenommen und nun befiehlt er ihr, nach Hause zurückzukehren. Sie
wollte nicht, da
„Faßt Jas' die Kasia um die Mitte und
Wirft sie in s Flüßchen, in den tiefsten Grund."
Nun fleht Kasia den Jasieuko, den „Falken", um Rettung an, er aber antwortet barsch:
„Richt warf ich Dich hinein, um wieder Dich zu retten.
Doch daß dein Zopf sich sollt' im tiefen Grunde betten."
Zum Glück befinden sich einige Fischer in der Nähe, welche Kasia's Stimme vernommen
haben und sie nun vom unvermeidlichen Tode erretten. Nun kehrt sie in die Heimath znrück.
„Nun ging sie zur Kirche, steht vor der Thüre drauß,
Und sieht sie die Mädchen, bricht in Thränen sie aus.
Da seht doch Ihr Mädchen, Ihr Frauen desgleichen,
Gar schlecht ist 's, dem Vater, der Mutter entweichen,
Dem Vater, der Mutter, den Seinen dazu,
Was ist aus mir worden, Gott, Einziger Du!"
Allein nicht jedes Fräulein kann man so leicht besiegen wie Kasienka und nicht jede
Liebe endet so traurig. Davon erzählt ein anderes größeres Lied voll poetischer Anmuth,
das, so wie jenes, allgemein bekannt ist und gesungen wird. Es ist das Lied, darin der
Liebende immer wiederholt: „Doch wirst Du die Meine sein, meinem Willen Dich ergeben",
woraus sie immer antwortet: „Nie werd' ich die Deine sein, Deinem Willen mich ergeben";
sie möchte sich ihm entwinden, und wünscht, bald „ein kleines Vögelchen zu werden, das
sich im dichten Gebüsch verbirgt", bald „ein goldener Ring, der auf dem Wege dahinkollert",
bald wieder „ein Fischlein, das im reißenden Fluß dahinschwimmt", dann wieder „ein
Sternlein am Himmel, das den Menschen strahlt"; allein er hat zum Fällen der Sträucher
Beile, zum Erblicken des dahinrollenden Goldringes hat er Falkenaugen, dichte Netze, um
das Fischlein einznfangen, mit seinem Pfeil aber wird er sogar das Sternlein am Himmel
erreichen. So gesteht sie denn zuletzt:
„Ach! nun seh' ich, 's ist nach Gottes Wort, Also muß ich die Deine sein,
Wo ich mich wende. Du findest mich dort. Und mich Deinem Willen weih'n."
Hocherfreut erwidert er hierauf:
„Spielt Musikanten, auf allen Geigen, ^ Nun also wirst Du die Meine sein,
Nun wird Gott Lob doch ein Weibchen mein eigen. ! Meinem Willen Dich auch weih'n "
Ein sehr rührendes Lied ist auch das von der Waise, das man überall hört, wo man
polnisches Landvolk findet. Eine junge Waise wandert durch ein Dorf und wird von Hunden
angefallen. Da ihr Niemand zu Hilfe kommt, so erscheint „der Herr Jesus selbst vom
Himmel" und „beschützt sie mit einem Stückchen Brot". Er befiehlt ihr dann, nach dem
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch