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ist feurig, schneidig voll strammen Geistes. Seinen Charakter, sowie seinen Rhythmus
malen am besten seine Tanzliedchen:
Den Krakowiak tanzt das Volk wie den Mazur und den Obertas, indem es sich
im preise bewegt, mit dem Unterschiede, daß jene im Dreivierteltact gehen, der Krakowiak
aber im Zweivierteltact gehalten ist, und zwar mit einer solchen Verve und einem solchen
Feuer, daß ihm weder Mazur noch Obertas gleichkommen. Wenn das ihn charakterisirende
Tanzliedchen sagt:
so ist das gar keine Übertreibung. Wenn man den Krakowiaken zuschaut, wie sie beim
Tanze mit den Füßen im Tacte stampseu, aus den Absatzbeschlägen Funken schlagen, so
wundert man sich thatsächlich, wie diese Stiefel und dieser Dielenboden das aushalten, wie
diese Stiefel nicht in Fetzen, und diese Dielen nicht in Splitter anseinanderfliegen. Dazu
füge man noch das Klingen der Hunderte von Metallringen an den Gürteln, die grellen
Trachten der Leute beiderlei Geschlechtes, die kühnen, herausfordernden, nahezu frechen
Mienen der Tänzer, so wird man ein Bild erhalten, wie man es außerhalb Polens
schwerlich zu sehen bekommt. Wenn der Mazur gleichsam das Bild der einst schwer
bewaffneten polnischen Waste, der Husaren, ist, so stellt der Krakowiak die leichte Cavallerie
(Uhlanen) vor, welche mit der Gewaltsamkeit und Schnelle des Sturmwinds über
den Feind herfällt.
Nur die Polka hat gar nichts Kriegerisches an sich und ist auch nach der Ansicht
der Kenner eher ein weiblicher und dazu ein städtischer Tanz.
Es ist leicht zu sehen, wie in alledem sich das Volk selbst zeichnet, die Polonaise, das
ist der Gipfel der Civilisation, des Verstandes, des Ernstes und der Würde; der schneidige
Mazur und Krakowiak, der flinke Obertas, der leidenschaftliche Kleine, der wilde
„Räuberische", das sind verschiedene Grade von Temperament und Cultur.
Von fremden Tänzen kennt das Volk den rnthenifchen Kozak nnd den Steirer,
welcher nichts anderes ist, als der deutsche Walzer, den man offenbar hier als aus
Steiermark kommend bezeichnet, wie dies sein Name sagt. Annähernd an jene Figur des
„Ah, fik, mig Obertaßik
Hab' vertrunken Mutz' und Gürtel
Fort ist Mütze, fort der Gürtel
Teufel holt den Obertaßik. Obereezek schlimines Täschlein
Schüttelst das Geld all hinans, ja!
Aber ich hab' dir ein Schätzlein,
Flickt inir's zusammen durchaus ja!"
„Tauz ich frisch und inunter
Krakowiak herunter,
Dröhnt's wie beim Gewitter,
Fliegen Spähn' und Splitter!
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch