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Mazur und Obertas, welche das Landvolk in Polen tanzt, hat sich ein Tanz eingebürgert,
von dem ein kleinbürgerliches Tanzlied, den Walzer charakterisirend, sagt:
„Eins, zwei, drei, eins, zwei, drei Was doch die Dentschen
Alles auf den Zehen, j Jin Walzer wohl sehen?"
Es fehlt dem Walzer natürlich dieses ans den Boden stampfen mit den Fersen,
dieses Funkensprühen der Absätze, welches den polnischen Tänzen eigenthümlich ist, und
das ist es eben, was den Polen so sonderbar erscheint.
Das Volksleben der Zutheilen.
Charakter. — Die Rnthenen oder richtiger Rnssinen (Nnsyny, wie sie sich selbst
nennen) in Galizien bilden einen Theil der zweitgrößten slavischen (über 20 Millionen
zählenden) Nation, welche außer dem genannten Lande in einem geschlossenen Ganzen noch
den nordwestlichen Theil der Bukowina, das nordöstliche Ungarn und den südwestlichen
Theil des europäischen Nußlands bewohnt. Ungeachtet der mundartlichen Abweichungen
in der Sprache, der Mannigfaltigkeit der Sitten, Bräuche und Trachten nnd der Verbreitung
ans weiten Länder- und Staatsgebieten sind die Rutheuen ein einheitlicher, selbständiger
slavischer Volksstamm. Sowohl die weite Ausbreitung des ruthenischen Volksstammes uud
die daraus sich ergebenden örtlichen Einflüsse, als auch die Berührung mit verschiedenen
Nachbarvölkern haben selbstverständlich auf denselben eine wesentliche Wirkung geübt;
trotzdem aber finden wir so viele gemeinsame Züge, daß dieser Volksstamm unverkennbar
als ein eigenartiger bezeichnet werden muß.
Die Wohnsitze der Rutheuen in Galizien (wo dieselben nach der Volkszählung vom
Jahre 1890 2,835.674 betragen) erstrecken sich in einem geschlossenen Ganzen von der
Grenze der Bukowina über den östlichen Theil von Galizien im Tiefland bis an den
unteren Lauf des Wistok und San, während im Hochland die rutheuische Bevölkerung
mit einem keilförmigen Streifen den Popradfluß und den Fuß des Tatragebirges berührt.
Durch den Einfluß der Civilisation wurden in den höheren Volksschichten die
früheren charakteristischen Merkmale mehr oder weniger verwischt und auf diese Weise
haben dieselben ihre alten Sitten und Bräuche, ihre Tracht und Lebensart eingebüßt.
Nur die Landlente, welche die zahlreichste Volksschichte in Galizien bilden, und zum Theile
die Kleinbürger, haben ihre ursprünglichen ethnographischen Eigenheiten in Sitte, Tracht,
Sprache, ja sogar in dem physischen Körperbau uud in der Sinnesart bis heute bewahrt.
Daher werden bei der Schilderung des Volkslebens der Ruthenen zumeist die untersten
Volksschichten in Betracht gezogen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch