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Die Niederung am linken San Ufer und am Bug wird von einem nralten rnthenischen
Volksstamm, den Bnzäny (vom Bugflnß genannt) bewohnt, welche bereits der Chronist
Nestor erwähnt. Der schöne slavische Typns der dortigen rnthenischen Bevölkerung
wurde stellenweise durch die hier angesiedelten Tataren entstellt. Von den jetzt leider zum
großen Theile vernichteten Urwäldern kommt auch die Benennung der dortigen Einwohner
Polisinky oder PoliZenky, das ist Waldbewohner.
Das podolische Hochplateau bewohnen Podoläny , nach den steppenartigen Gefilden
Podoliens auch Opoläny genannt, während die Bezeichnung für die am oberen Styr
bis an die Quellen des Zbruez ansässigen Bewohner Woiyniäny, Wotymuky an die
Zugehörigkeit zu dem ehemaligen Fürstenthume Woiynien erinnert. Im Dniesterthal und
an dem dasselbe umsäumenden steilen Hochlandgesenke haben sich Poberezei (Uferbewohner)
oder Nistrowiäny (Dniesterbewohner) angesiedelt.
Die Bewohner der San- nnd Bug-Niederung, die Bnzäny, sind ein schlanker, hoch-
gewachsener, behender Volksschlag von länglichem mehr blaßem Gesicht nnd ausgeprägt
rnthenischem Typus. Der Podolier ist dagegen stark gebaut und kräftig, obwohl mager,
von mehr ovalem Gesicht und frischer Gesichtsfarbe. Seine Statur ist gedrängt, sein Gang
schleppend mit vorwärts gebogenen Knien. Die Weiber zeichnen sich oft durch ausnehmende,
doch schnell vergängliche Schönheit aus, die Kinder, welche sich im bloßen Hemd herum-
treiben, haben hellblondes Haar, das mit der Zeit dunkel wird. Der angenehme Gesichtszug,
das klare, sanfte Ange des Podoliers ist meistens von Schwermuth beschattet, so daß nur
selteu ein heiteres Lächeln im Gesicht aufleuchtet. Er ist ein Frennd der Musik und des
Gesanges, der die weiten, meistens einförmigen Fluren Podoliens belebt.
Trachten. — Der Podolier pflegt, so wie überhaupt das ruthenische Volk nach von
Alters hergebrachter orientalischer Sitte, den Kopf bis anf den bnschigen Scheitel, nach
Kozakenart osc-Ieckee genannt, zu rasireu und hierauf mit dem Haarschopf zu bedeckeu, so
daß das Haar rückwärts bis au den Hals herabwallt, während es vorne bis zur Hälste
der Stirne rundlich abgestntzt ist. Er rasirt anch den Bart und trägt mir einen knrz
abgestutzten Schnurbart. Das Haupt bedeckt er im Sommer mit einem selbstgeflochtenen
breitkrämpigen Strohhut, im Winter mit einer hohen Mütze aus Lammsfell, gewöhnlich
mit einem blauen tucheuen Deckel und drei Seitenbändern, welche den Schlitz au der Rück-
seite der Mütze zusammenhalten (s?apka na ^visaek). Seine gewöhnliche Kleidung bildet
ein grobes Leinwandhemd, an welchem der Kragen durch einen Messingknopf oder durch
ein rothes schmales Band (liarasnvka) mit herabfallenden Enden zusammengehalten wird.
Die weiten, weißen oder blau gestreiften Beinkleider steckt er in bis an die Knie reichende
Röhrenstiefel, welche oben auf eine Handbreit umgestülpt und mir selten mit Absätzen
versehen, häusiger mit einem halbmondförmigen Eisenstück beschlagen sind. Über den« Hemd
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch