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Podolier vorzüglich Ackerbau, treu seinem uralten Sprichwort: to remis!»,
ieuiis? ta cxereslo" (das beste Gewerbe ist der Pflug). Daneben befaßt er sich ebenfalls
mit dem Handwerk, insoferne dies seine wirthschaftlichen Anforderungen erheischen. Die
nothwendigsten Geräthe weiß er sich selbst anzufertigen oder wenigstens auszubessern. Er
hat sich aber auch auf dem Gebiete einer durchaus eigenartigen Hausindustrie als sehr
tüchtig erwiesen und in den neuesten Zeiten scheint bei ihm die in dem Sprichwort:
reini?n)'kii ?o!otä rukü« (der Handwerker hat eine goldene Hand) zum Ausdruck
gebrachte Anschauung sich Bahn gebrochen zu haben.
Die Ortsanlagen der Gebirgsbewohner, insbesondere aber der Huzulen, unterscheiden
sich von solchen anderer Einwohner Ostgalizieus. Die Huzulendörfer, in engen Gebirgs-
thälern oder an minder steilen Bergabhängen gelegen, sind meistens stark bewohnt, allein
ihre Gehöfte sind von einander abgesondert, oft eine halbe Stnnde von einander entfernt
und mit Obstgärten, Weideplätzen, ja sogar mit Waldungen umgeben. In der Mitte des
Dorfes, in der Regel auf einem Hügel, ragt die aus Holzbalken in byzantinischem Stil
gebaute Kirche mit drei oder fünf Kuppeln und einem rings um die Kirche angebrachten
arcadenförmigen Säulengeländer hervor. Neben der Kirche befindet sich ein aus Holz
gebauter Glockenthurm, gewöhnlich mit fünf, wenn auch kleineren Glocken versehen.
Die Hnznlenhütte (ck^a) wird aus entzwei geschnittenen, mit der flachen Seite
nach Innen gekehrten Tannenstämmen gebaut und mit dünnen Brettern (6ran>e!) oder
Schindeln bedeckt. Die Eingangsthür und zwei nebeneinander angebrachte kleine, gewöhnlich
mit einem Gitter versehene Fenster befinden sich an der Südseite der Hütte, ein Fenster an
der Ostseite. Durch das Vorhaus (ckorömy) gelangt man rechts in das Gastzimmer
(svvitlLeia). Links befindet sich das Wohnzimmer (pekürnia) mit der daranstoßendcn
Kammer (klil), welche ebenso wie andere ruthenische Wohnstuben eingerichtet sind, nur
sind die darin befindlichen Hausgeräthe (Wandkasten, Truhe, Tisch) mit Schnitzereien
verziert nnd der in Huzulenhütten häufig vorkommende Kachelofen ist mit einer eigenartigen
Ornamentik ausgestattet. Aus dem Vorhaus führt eine niedrige Thür in den nur durch
die Rückwand von der Wohnstube getrennten und mit einem niedrigen Dach bedeckten
Stall, in welchem sich Schafe mit den Lämmern und Kälbern befinden, welche der Huzule
Tag nnd Nacht in seiner Obhnt hat. Das Hornvieh steht gewöhnlich in einem offenen mit
Latten (woi'xnie) umfriedeten Raume. Zum Schutze gegen Bären und Wölfe sind die
Huzulenhütten mit einer doppelten Einplankuug versehen und erinnern sehr an die auf der
Trajanssänle abgebildete „Dakische" Burg. Neben der Hütte findet man nicht selten
Obstbäume von besserer Qualität.
Die Lebensart des Huzulen bildet ein Übergangsstadium vom Nomadenleben zu
festen Wohnsitzen. Erst in neuerer Zeit fingen die Huzulen an, Kartoffeln, Kukuruz, Bohnen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch