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den Gürtel, so daß dasselbe tief an der Seite herabhängt. Die Bojaren beschenkt sie mit
gestickten Handtüchern eigener Arbeit, welche von denselben ebenfalls an den Gürtel gesteckt
werden. Die Mutter gibt der Braut zwei Laib Brod (der Bräutigam hat auch sein Brod
mit sich als Opfergabe für die Kirche) und bespritzt das Brautpaar mit geweihtem Wasser,
welches noch alle Anwesenden, auch kleine Kinder nicht ausgenommen, um Segen angeht.
In manchen Gegenden wird das Brautpaar von der Mutter nach altem Brauch mit Hopfen
überschüttet. Hierauf begibt sich der Hochzeitszug (vvesile oder mit Gesang zur
Trauung in die Kirche. Den Zug eröffnet der Fähnrich zu Pferde, dann folgt ebenso der
Bräutigam mit dem Brautwerber und dem Starosten mit dem korowih, in der Regel auf
einem Wagen, welchem gewöhnlich ein vierspänniger Wagen mit der Braut iu Gesellschaft
von Drnzken und Swachen folgt. Den Schluß bilden die Mnsikanteu, welche aus dem
Rückweg von der Trauung spielen. Bei den Huzulen pflegt der ganze Hochzeitszug, auch
die Frauen und Mädchen nicht ausgenommen, sich zu Pferde in die Kirche zu begeben.
In manchen Gegenden ist die Reihenfolge der Theilnehmer dieses Zuges eine andere.
Die Trauung wird gewöhnlich nach der heiligen Messe vorgenommen. Nach der
Trauung kehrt der Hochzeitszug in derselben Ordnung unter Sang und Klang und zwar die
Braut in ihr, der Bräutigam dagegen in sein Haus zurück; in vielen Gegenden begibt sich der
ganze Zug in das Haus der Braut. An der Schwelle des Hauses wird das Brautpaar von
den Eltern mit Brod und Salz begrüßt, gesegnet und beglückwünscht, wobei sich dasselbe
ehrerbietigst verneigt. Dann macht das Glas mit Branntwein die Runde in der Gesellschaft,
welche hierauf in die Wohnstube eintritt. Das Mittagessen beginnt, wobei das Brautpaar
den Ehrenplatz einnimmt. In vielen Gegenden findet das Mittagessen für die Braut und
ihr Gefolge in ihrem Hause, für den Bräutigam und sein Gefolge in seinem Hause statt.
Erst Abends begibt sich der Bräutigam mit dem korovvH in Begleitung seines Gefolges
mit Gesang zu seiner Braut, welcher zu Ehren die Mädchen inzwischen wehmüthige
Lieder von dem Glück im elterlichen Hause, von der Wehmuth des Scheidens, aber auch von
der Liebe zum Geliebten gesungen:
Dohlen fliegen in drei Reihen
Und voran der Kukuk,
Ließen sich in Hainen nieder,
Auf dem Schneeball der Kukuk.
Dohlen fingen an zu krächzen,
Kukuk an zu rufen.
— Ach was rufst und klagst du heute,
Du mein grauer Kukuk?
Ärgert Dich dein Flug, dein niederer,
Oder dein Ruf, dem früher? — Dorten wandeln Brautjuugfrauen,
Alle in drei Reihen,
Schön Mariech n voran schreitet,
Setzt sich auf den Sessel,
Auf die Bank die Mädchen.
Alle fingen an zu singen,
Doch Marie zu weinen.
— Ach was weinst und klagst dn heute,
Jugendlich Mariechen?
Trauerst du um's blonde Zöpfchen,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch