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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Seite - 446 -
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446 und der Walachei zurückgezogen; sicherlich wurde da ein Kramladen nach dem anderen auf immer geschlossen und die Kaufleute kehrten mißmuthig dem einst so gastlichen Lande den Rücken, aber viele wohlhabende Leute, angesehene armenisch-katholische Familien, die Geadelten, die Hausbesitzer, blieben im Lande. Sie hatten sich in die polnischen Verhältnisse hineingelebt, waren, wenn auch nur in vereinzelten Fällen, mit hiesigen Familien verschwägert. Da sie als Kaufleute ihr Auskommen nicht mehr fanden, wechselten sie den Besitz, ver- tauschten langsam die hohe armenische Mütze mit dem breitkrämpigen Strohhut des Land- manns. Sie zogen den rothen Weizen Podoliens den goldenen Früchten Armeniens vor, sie wurden Pächter und Gutsbesitzer. So kam es, daß Pater Pysyschkiäuz im Jahre 1820 den größten Theil der 100 Familien als „auf dem Lande wohnend" bezeichnen mußte. Der Rückgang der polnisch-armenischen Bevölkerung, das Verschwinden ihrer nationalen Eigenthümlichkeiten, das Verblassen dieses lebhaften orientalischen Colorits haben aber ihre noch tiefer liegenden, in den allgemeinen Verhältnissen unseres Jahrhunderts begründeten Ursachen. Haben schon die stahlgrauen Eisenbahnschienen, der schwarze Rock des Städters und die blaue Kitteluniform des internationalen Arbeiterheeres Nationaltracht und Nationalsitte der erbgesessenen Völker aus Stadt und Städtchen vertrieben, umsomehr mußte dies bei einem Volke von immerhin exotischem Gepräge der Fall sein. Ferner ist zu erwägen, daß das heutige Europa sich den ganzen Orient nach seinem eigenen Wunsche und Geschmack zurechtgelegt, die dortigen Handelsverhältnisse nach seinem Muster eingerichtet hat. Es besorgt selbst seine orientalischen Geschäfte, braucht keinen Vermittler und vermag keinem anderen Volke ein abgesondertes Handelsgebiet, eine ausschließliche Wirkungssphäre zu gewähren. Die heimische Industrie ersetzt so manches orientalische Produet und der Reiz, den früher auf kindlich-naive Gemüther diese aus dem Märchenlande stammenden, unter Abenteuern und Gefahren hergebrachten Erzeugnisse ausübten, ist verschwunden. Von dem orientalischen, durch Orientalen betriebenen Handel alten Stils ist heute nur eine Earicatur in der bekannten Figur des kundenlosen, beschaulich schlummernden Teppich- und Rosenwasser-Türken zurückgeblieben. Zwar ist gerade unser Jahrhundert den nationalen Bestrebungen günstiger als manches zuvor. Wo aber das nationale Leben lediglich auf dem friedlichen Familienleben, auf mündlicher Überlieferung beruht, vermag es sich nicht aufrecht zu erhalten, denn unser Jahrhundert duldet keine passive Originalität. Die Sprache des Volksschulbuches und der Zeitung wirkt stärker und nachhaltiger als diejenige, in der die Mutter dem Kinde die ersten Märchen erzählt. Dies sind die Gründe, warum von der einstigen natio armenorum in Polen nur einige tausend Einwohner und von dem ganzen polnischen Orient nur die psychologischen und physiognomischen Charakterzüge dieser starken Ra^e und der eigene armenisch-katholische Ritus übrig geblieben sind; dies auch der Grund, warum gleichzeitig mit der Lemberger
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Band 19
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Galizien
Band
19
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1898
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.48 x 22.34 cm
Seiten
920
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
Kronprinzenwerk deutsch
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