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aber kaum der armenischen Hand. Anders in dem historisch und landschaftlich so interessanten
Städtchen Jaztowiec im Buezaezer Kreise. Lauge ansässig, bildeten sie dort noch im
XVII. Jahrhundert mit ihrem ausgebreiteten Handel, eigenem Bischof und Gericht das
ausschlaggebende Element. Sie vermochten zwar die antochthonen Polen und Rutheueu aus
ihren Holzhäusern und Lehmhütten am unteren Marktplatze nicht zu verdrängen, nahmen
dagegen die beiden gabelförmig in den Hauptplatz mündenden Zufahrtsstraßen beinahe
ausschließlich in Besitz. Dort mauern sie dicht aneinander ihre eleganten ebenerdigen
Häuser und schmücken sie anfangs mit feinen und schlichten, später unter dem sichtlichen
Einflüsse der Lemberger Steinmetzen etwas überladenen Thür- und Fensterrahmen; man
ist erstaunt in den heute von der ärmsten Bevölkerung bewohnten geräumigen Gemächern
und Vorhänsern vortreffliche Kreuzgewölbe, feine Steinornamente und unterhalb derselben
große gewölbte Keller zu finden. Während eine Verordnung des eifersüchtigen Lemberger
Magistrates Breite und Höhe ihrer Häuser vorschrieb und sie theils aus diesem Grund,
theils durch den ungesunden Trieb, es den reichsten Patriziern gleich zu thun, auf falsche
Bahnen gerietheu und zu vollkommenem Aufgeben ihrer Eigenart verleitet wurden, konnten
sie hier frei von jeder Norm, Vorschrift und drückenden Nachbarschaft sich Haus und Hof
nach eigenem Gutdünken einrichten, in der Architektur ihre besonderen Bedürfnisse und das
eigene Stilgefühl zum Ausdruck bringen. So müssen sich denn oft nicht nur armenisches und
barockes Linienspiel auf einem Grabsteine, sondern auch beide Sprachen, die armenische
und lateinische, auf einer Tafel vertragen lernen. Die Brunnentafel vom Jahre 1611
interefsirt uns vor Allem durch die merkwürdige Mischung barocker Traubengewinde mit
dem specifisch armenischen Bandornament (das sich auf einer Alabastertafel vom Jahre 1463
in der Lemberger Kathedrale noch in ganzer traditioneller Reinheit offenbart), dann aber
durch die Inschrift: damit auch der ,initä1", der autochthoue Christ, auf den sie, wenn es kein
großer Herr ist, mit Geringschätzung herabblicken, das gemeinnützige Werk, das ,5acobus
^rmenus donc» pudlieo iecit 1611" entsprechend würdigen könne, wird ihm dies in der
ersten Zeile in lateinischer Sprache mitgetheilt, aber die drei folgenden Zeilen besagen in
armenischer Sprache':
Dies Xreu? und die krriektunA Misses / krunnens ist das ^Verk des Herrn /
und seines Zruders Ltepllan. Vollendet / im lakre nacll srmeniseller HeellnunA /
1 (DO und 66 odendrein. / ^prallem (der Lteinmet??) / kat dies treuliek ausxeküllrt.
Einige Jahrzehnte später errichten sie hoch oben über der Stadt, wo der Weg aus
der Buezaezer Hochebene in den Thaleinschnitt scharf einbiegt, das (um 1806 abgetragene)
armenische Thor und ihre eigene Miliz vertheidigt die Stadt unter dem tapferen, aus
' Gelesen von ?. Leonce Abischan auf San Lazzaro und Can. D. Dawidowicz in Lemberg.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch