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Kigner mit seiner Tochter Margaretha, eine „Deutsche" Ursula, genannt werden, ein
Beweis, daß bereits damals, also noch vor dem Tatarenzuge die Deutschen einen nicht
unerheblichen Theil der Bevölkerung von Krakau bildeten. Hierdurch wurden wahrscheinlich
die Bestrebungen Boleslans des Keuschen, sein entvölkertes Land mit neuen Einwohnern
zn beleben, auf die Gewinnung von deutschen Ansiedlern gelenkt. Die Form, in der dies
zu geschehen hatte, war auch schon in einer früheren Urkunde gegeben, nämlich in dem
Privilegium, mit welchem die Stadt Breslau im Jahre 1242 auf deutschem (magde-
burgischem) Rechte locirt wurde. Nach dem Muster dieser Locatiou erließ am 5. Juni 1257
Boleslans der Keusche zusammen mit seiner Mutter Grzymiskawa und seiner Gemalin
Kunigunde ein Privilegium, das zum Zwecke hatte, eine »eivitas« in Krakau auf magde-
burgischem Rechte zu „lociren" und daselbst Menschen aus verschiedenen Gegenden zu
versammeln. Der Herzog versprach den Unternehmern der Colonisation, den Vögten
(^ackvocatis") Getko, genannt „Stilvojt", Jakob, ehemals Richter in Neiße, und Ditmar,
„geuauut Woth", daß die neuen Bürger von Krakau sechs Jahre lang keine Zinsen und
Steuern weder von ihren Personen noch von ihren Häusern zahlen sollten; nur von den
Krambuden, sobald der Herzog ihnen solche bauen werde, sollten sie einen Zins entrichten,
wovon fünf Sechstel dem Herzog und ein Sechstel den Vögten zufallen würden. Nach sechs
Jahren sollten die Bürger von jedem Platze (area) „ein halbes Loth deutschen Gewichtes"
entrichten, mit Ausnahme der Standplätze der Fleischer, der Bäcker und der Schuster.
Jeder sechste Hof (curia) wird nach sechs Jahren Eigenthum der Vögte; überdies erhalten
dieselben ein Schlachthaus und zahlreiche andere Begünstigungen. Die Stadt wurde mit
Weideplätzen und Ackergründen, mit einer Waldung und Mühlen bedacht. Den Bürgern
wurde im ganzen Lande Zollfreiheit auf die Dauer von zehn Jahren, den Vögten für alle
Zeiten zugesichert; die Gerichtsbarkeit wurde geregelt uud der Kriegsdienst auf die Ver-
theidiguug der Stadtmauern beschränkt.
Der Neugrüuduug der Stadt Krakau folgte bald die Location zahlreicher anderer
Städte. Schon früher bestehende, aber durch den Tatarenzug vernichtete Städte wurden
anfs neue errichtet, es wurden aber auch zahlreiche neue Ortschaften gegründet. Die
Bedingungen, unter welchen der Bürgerstand in diesen Städten sich entwickelte, waren so
günstig, daß auch nicht colonisirte Städte darnach strebten, von den Fürsten das Privilegium
„des deutschen Rechtes" zu erlangen. Seit dem ersten Einfall der Tataren zieht sich
durch das XIII., XIV., XV., XVI., ja bis ins XVII. Jahrhundert eine unabsehbare Reihe
von Loeirungen, welche zur Grundlage „das deutsche Recht" (auch ius s?reÄense
snvvilorslise^, ma»6ebur^eiise, culmensö oder kraneonieuin nach den verschiedenen
Modifikationen genannt) haben, mit einer durch Zeit und Umstände bedingten Mannig-
faltigkeit der Rechtsverhältnisse und Rechtsbräuche.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch