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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Seite - 477 -
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477 Es war dies eine sehr unsichere Identität, da viele gleichen Namens im selben Orte lebten. Nach der kaiserlichen Verordnung sollten sich die Juden deutsche Namen beilegen; dies geschah zumeist durch Germanisirung der bisherigen Bezeichnung. Statt Ben-Jakob nannten sie sich nun Jakobsohn, Mendelsohn, Nathansohn; andere legten sich die Namen ihrer Geburtsstädte bei: Krakauer, Lemberger, Warschauer; noch andere ließen sich in ihrer Unbeholfenheit vom Conscriptionsbeamten ihm beliebige Namen beilegen, und so entstanden, je nach dessen Laune, Sympathie oder Antipathie die sehr verbreiteten Familiennamen Edelstein, Blumenthal, Saphir, Löwe, Ochs, Bär, Schaf, Langer, Kurzer. Die Regierung begann den Angelegenheiten der Juden und ihren Privatschulen einige Aufmerksamkeit zu widmen, ohne jedoch noch resormirend einzugreifen. Nach einem Berichte der aus Juden zusammengesetzten Jndendirection in Lembergs gab es daselbst im Jahre 1782 52 Privatschulen unter Aufsicht des Rabbiners; allein dies waren keine Schulen im gewöhnlichen Sinne, sondern einigermaßen geordnetere, in vier Klassen eingetheilte Cheders für Bibel und Talmud, mit ungeprüften und ungenügend bezahlten Lehrern, ohne feste Bezüge. Das Schulgeld war ungleichmäßig, es zahlten blos die Wohlhabenderen durchschnittlich im Halbjahre in der ersten Klasse 1 fl. 15 kr., in der zweiten 2 fl. 30 kr., in der dritten 4 fl. 30 kr. und in der vierten 8 fl. 30 kr. Außerdem bekamen die Lehrgehilfen jeden Tag in einem anderen Hause die Kost. Kinder armer Eltern, mittellose Waisenknaben, erhielten unentgeltlichen Unterricht, mitunter auch Verpflegung in den Talmud-Thoraschulen, die nur die untersten Klassen hatten. Die oberste Klasse wurde gewöhnlich blos von solchen erwachsenen Jünglingen besucht, die sich dem Gelehrten- oder Rabbinerstande widmen wollten. Jede Klasse wurde drei Jahre hindurch besucht. Die Unterrichtssprache war überall die hebräische. Eine modernere Art der Volksbildung suchte die Regierung des Kaisers Josef II. durch die Verordnung zu erreichen, daß nur solchen Paaren eine Heiratsconsens ertheilt werden dürfe, die eine Volksschule absolvirt oder durch eine Prüfung beim Kreisamte ein gleichwerthiges Wissen nachgewiesen hätten. Diese weise Maßregel fruchtete jedoch wenig. Zur Giltigkeit einer Ehe bei Juden genügt die Trauung durch wen immer in Gegenwart von Zeugen; die Anwesenheit eines Rabbiners ist durchaus nicht nothwendig. So wird zumeist noch jetzt getraut und die galizischen Matrikelbücher strotzen infolge dessen von unehelichen Geburten, die jedoch nach jüdischer Auffassung vollkommen legitim sind. Und selbst jene, die eine auch nach staatlichem Rechte giltige Ehe eingehen wollten, ohne das vorschriftsmäßige Wissen im „Bne-Zion", in der Rechtschreibung und in den vier Rechenspecies mitbringen zu können, ließen sich zumeist vor dem mit der Prüfung betrauten alten Kanzlisten oder Praktikanten vertreten, indem ein anderes, mit ihrem Namen zeitweilig belehntes Paar ' Dessen Mittheilung ich der Freundlichkeit des Universitätsprofesiors Herrn Regierungsrathes v. Zieglauer verdanke.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Band 19
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Galizien
Band
19
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1898
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.48 x 22.34 cm
Seiten
920
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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