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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Seite - 478 -
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478 das Capitel aus der Religionslehre für sie hersagte und eine dreistellige Multiplikation durchführte. Die Erlösung mußte vou innen kommen nnd nur die Zeit konnte, unter mittelbarer Einwirkung des erleuchteten Moses Mendelssohn, in das geistige Ghetto der galizischen Juden Bresche legen. Erst gegen das zweite Viertel dieses Jahrhunderts begannen sich die Bergspitzen zu röthen nnd der werdende Tag seine ersten Strahlen niederzusenden. Muthige nnd sich berufen fühlende Männer, die sich für ihre Mission im Stillen vorbereitet hatten, traten mit dem Lehrbuch in der Hand auf den Plan, den Excommnnicationen der Rabbiner und dem Halloh der finsteren Menge trotzend. Perls und Rappaport, Erter, Krochmal und Schorr begannen schrittweise das Werk der Reform nnd die erste, öffentliche, deutsch- israelitische Volksschule entstand in Tarnopol, später die jüdische Realschule in Brody, dann wurden, wenn auch in sehr langsamem Tempo, in anderen größeren Städten konfessionelle Schulen aus jüdifch-communalen Mitteln errichtet. Allein da diese Mittel sehr spärlich waren, konnte das Eheder nicht verdrängt werden, gegen welches erst in neuester Zeit die segensreichen Stiftungen des großen Philanthropen, des seinem Volke zu früh entrissenen Freiherrn Moritz v. Hirsch, den siegreichen Kampf aufnahmen, indem mit einer Dotation von eilf Millionen Francs, die Baron Hirsch speciell zu diesem Zwecke widmete, bis jetzt 35 jüdische Volksschulen in Galizien errichtet nnd fünf schon vorhandene zum Zwecke der Vergrößerung snbventionirt wurden. Kaum aber begann es zu tagen, kaum begann man die alten Ruinen abzutragen, als sich die frischen Keime der Bildnngs- und Lernbegierde der Juden zeigten. Nirgends finden sich so viele Autodidakten als eben unter den polnischen Inden und man staunt zuweilen, in dem einfachen, unscheinbaren Manne, der noch in seiner langen Kutte steckt und seine Stirnlocken trägt, ein selbstangeeignetes profundes Wissen zu finden, das er sich im Hause seiner bigotten Eltern, die jedes profane Studium verdammten, verstohlen, in späten Nachtstunden mühselig erworben! Natürlich ist es kein systematisches, schulmüßiges Wissen, das sich diese auf sich selbst angewiesenen jungen Leute aneignen, die, kaum des Lesens kundig, Schiller zur Hand nehmen, dessen wohlklingendes Pathos sie anheimelt, oder die philosophischen Schriften Mendelfohns und sogar Kants „Kritik der reinen Vernunft" studiren. Aber die Söhne dieser Männer dürfen schon die Schule besuchen und einen regelrechten Unterricht genießen! Das erste Buch, nach dem der Autodidakt greift, ist ausnahmslos ein deutsches, weil ihm diese Sprache vermöge des jüdisch-deutschen Idioms zugänglicher ist, überdies das Deutsche ihm Alles, was europäisch ist, Cultur, Kunst, Fortschritt bedeutet. In den Zeiten des Absolutismus und Centralismus war ja die deutsche Sprache die Schul-, Staats- und Gesellschaftssprache. Erst die jüngere Generation beginnt, namentlich in den größeren Städten, sich dem Polenthume
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Band 19
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Galizien
Band
19
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1898
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.48 x 22.34 cm
Seiten
920
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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